Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) hat hinter verschlossenen Türen über das Verfahren informiert. Wenn die Stadt die Genehmigung nicht zurücknimmt, könnten die Gegner des Bauvorhabens vor Gericht gehen.

Stuttgart - Der Streit um die Ansiedlung eines 5000 Quadratmeter großen Obi-Baumarkts im Stuttgarter Westen könnte schneller als gedacht vor Gericht landen. Mitglieder der Interessengemeinschaft Hinterer Vogelsang – der Zusammenschluss der Betriebe im Gewerbegebiet – hat Widerspruch gegen die von der Stadt genehmigte Bauvoranfrage zum Obi-Markt eingelegt. Zudem hat Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) die Stadträte am Dienstag in nicht öffentlicher Sitzung informiert, wie die Verwaltung die umstrittene Entscheidung überhaupt gefällt hat.

 

Eigentlich ist in dem kleinen Gewerbegebiet kein großflächiger Baumarkt vorgesehen. So steht es im Bebauungsplan und dafür haben sich die Stadträte bislang einstimmig eingesetzt. Ein ähnliches Projekt des selben Investors wurde 2006 in letzter Minute verhindert. Dessen ungeachtet hat das Baurechtsamt im Oktober 2012 die Voranfrage des Botnanger Immobilieninvestors Widerker genehmigt, der anstelle des bestehenden City-Baumarkts mit knapp 1000 Quadratmetern Fläche einen fünfmal größeren Obi-Markt errichten will.

Der Widerspruch gegen diese Entscheidung wurde beim Baurechtsamt vergangenen Freitag eingelegt. Es wird beantragt, den positiven Bauvorbescheid aufzuheben. Weder der noch gültige Bebauungsplan aus dem Jahr 1998 noch der im Januar 2012 aufgestellte Plan seien eine Grundlage für großflächigen Einzelhandel an dieser Stelle, heißt es zur Begründung.

Bei Ablehnung droht Klage

„Zu dieser Sache können wir aktuell keine Auskünfte erteilen“, antwortet Sven Matis, der Pressesprecher der Stadt auf Anfrage. Matis erklärt jedoch: „Der Bauvorbescheid wurde im ausdrücklichen Einvernehmen zwischen Baurechts- und Stadtplanungsamt und nach unserer Auffassung zu Recht erteilt.“

Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, könnte die Interessengemeinschaft dagegen vor Gericht ziehen. „Wir sagen, das ist großflächiger Einzelhandel, der nicht in ein Gewerbegebiet gehört“, erklärt der Anwalt der Interessengemeinschaft, Steffen Waitzmann. „Falls die Stadt ihren Fehler nicht einsieht, werden wir uns juristisch wehren“, kündigt zudem der Vorsitzende der Interessengemeinschaft, Gerd Kopf, vor wenigen Tagen auf einer Pressekonferenz. an.

Bei der Prüfung des endgültigen Bauantrags will die Stadt nach eigenen Angaben genau darauf achten, dass der geplante Obi-Markt nur auf 3,5 Prozent seiner Fläche Produkte des täglichen Bedarfs verkaufen darf. „Wir werden keine Ausnahme von der Stuttgarter Liste zulassen“, sagt Hahn.

Stadträte wollen auf Stuttgarter Liste beharren

Dies habe der Baubürgermeister in nicht öffentlicher Sitzung am Dienstag so auch bekräftigt, heißt es einhellig aus allen Fraktionen. Und: „Die Stadträte haben sich gemeinsam gegen dieses Bauvorhaben ausgesprochen“, erklärt ein Stadtrat. Hahn habe zudem erklärt, dass es zur Zeit der genehmigten Voranfrage mehrfach Personalwechsel an entscheidender Stelle in seinen Ämtern gegeben habe. „Das hat er glaubhaft versichert“, sagt ein Stadtrat, „das ist einfach unglücklich gelaufen.“ Ähnlich sieht es ein anderer Sitzungsteilnehmer: „Jetzt geht es darum, den Willen des Rats durchzusetzen.“ Dafür sieht er die größte Chance in einem Beharren auf der Stuttgarter Liste. „Denn das Konzept eines Obi widerspricht dem Verbot zentrenrelevanter Produkte.“

Mittlerweile spricht vieles dafür, dass der Investor, der sich auf mehrfache Anfrage der StZ nicht zu den Vorgängen äußerte, nicht wie in der Voranfrage formuliert, einen Bau- und Handwerkermarkt vornehmlich für gewerbliche Nutzer schaffen will. Nach StZ-Informationen beschreibt er das Vorhaben im endgültigen Bauantrag hingegen als Baumarkt mit Gartencenter. „Das Erste richtet sich an Profis, das Zweite an Endkunden“, sagt Jurist Steffen Waitzmann. Hahn erklärt dazu: „Der vorliegende Bauantrag enthält neue Informationen, auch bezüglich des Warensortiments.“


Flächen
Nach einer aktuellen Studie der BBE Handelsberatung gibt es in der Landeshauptstadt wenig sogenannte Fachmärkte. „Diese sind im Vergleich zu den umliegenden Landkreisen in Stuttgart mit einer Verkaufsfläche von 108 700 Quadratmetern unterrepräsentiert. Die größte Verkaufsfläche mit 241 900 Quadratmetern findet sich im Landkreis Böblingen“, heißt es in der Studie. In der Kategorie Fachmärkte sind jedoch nicht nur Baumärkte aufgelistet.

Versorgung
Im Vergleich zu anderen Regionen im Südwesten zeigt sich, dass es vergleichsweise wenig Baumärkte in Stuttgart gibt. Nach Angaben der IHK Ulm kommt die Region auf 15 bis 20 Märkte und hat 503 000 Einwohner. Die IHK Region Rhein-Neckar kommt auf rund 1,1 Millionen Einwohner und zählt etwa 25 Baumärkte aller Marken. Die IHK Stuttgart kommt auf etwa 35 Baumärkte. Die Region hat dabei knapp 2,7 Millionen Einwohner.