Der S-Bahnverkehr ist das Sorgenkind des öffentlichen Nahverkehrs in der Region Stuttgart. Jetzt sollen Metropolexpresszüge und neue Signaltechnik das Netz entlasten. Allerdings wird es noch dauern, bis das realisiert ist.

Stuttgart - Eineinhalb Jahre nach der Gründung des ÖPNV-Pakts für die Region Stuttgart ziehen die Beteiligten eine positive Zwischenbilanz, „Wir haben in erheblicher Weise Fortschritte erzielt“, sagte  Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nach einer Sitzung des Lenkungskreises am Freitag. Vieles sei angeschoben, vieles abgearbeitet worden. Neben den in den jeweiligen Gremien von Land, Region, Kreisen und Stadt Stuttgart beschlossenen Maßnahmen sollen nun Verbesserungen in der Schienennetz-Infrastruktur am Großknoten Stuttgart in Angriff genommen werden, kündigte Hermann an. „Bisher wurde immer nur an Stuttgart 21 gedacht, wir müssen nun daran denken, wie es weitergeht, wenn S 21 fertig ist“, sagte er.

 

Ziel des ÖPNV-Paktes ist, dass bis zum Jahr 2025 rund 20 Prozent mehr Menschen mit Bahnen und Bussen fahren. „Wir haben schon heute erheblich mehr Fahrgäste und Verkehr auf einer seit Jahren gleichbleibenden Infrastruktur“, sagte Hermann, „und künftig wollen wir noch mehr Menschen transportieren und noch mehr Züge fahren lassen.“ Deshalb müsse das Schienennetz in der Region ins Visier genommen werden. Eine Expertenkommission, an der auch die Bahn beteiligt war, hat Schwachstellen im Netz – vor allem den Mischverkehr von S- und anderen Bahnen und störanfällige Anlagen – unter die Lupe genommen und Vorschläge gemacht, wie neue Technologien zur Verkehrsleitung eingesetzt werden können und wie das Schienennetz erweitert werden kann.

Experten prüfen Vorschläge

Diese Vorschläge würden nun einerseits vom Lenkungskreis auf Realisierbarkeit und Kosten geprüft, teure und langfristig umzusetzende Ideen sollen in einem Gutachten, das das Ministerium in Auftrag gibt, bewertet werden, so Hermann. Dazu gehöre auch die Frage, wie bestehende Infrastruktur künftig besser genutzt werden könne. Als Beispiel nannte er die Möglichkeit, den neuen Regionalbahnhalt Stuttgart-Vaihingen über die Panoramastrecke mit dem Bahnhof Feuerbach zu verbinden.

Konkret fordert die Expertenkommission zweierlei. Erstens: In einer Betriebssimulation für den Gesamtknoten Stuttgart, die der Verband Region Stuttgart in Auftrag gibt, sollen jene Maßnahmen identifiziert werden, die die Pünktlichkeit der S-Bahn verbessern. Zweitens: Um die Kapazität der unterirdischen S-Bahn-Stammstrecke, die zwischen Hauptbahnhof und Schwab-straße alle S-Bahnlinien nutzen, zu erhöhen, soll der Einsatz moderner Zugleittechnologie, die sogenannte ECTS-Level-2-Technik, untersucht werden.

Konkreter sind bereits beschlossene Maßnahmen. So wird das Land von Pforzheim, Horb, Tübingen, Geislingen, Aalen, Schwäbisch Hall und Heilbronn im Halbstundentakt fahrende Metropolexpresszüge einsetzen, die im Außenbereich oft halten werden, im S-Bahn-Netz aber nur noch an den wichtigen Umsteigepunkten. Die erste Verbindung soll Ende 2017 starten, die letzte Ende 2020. Momentan werden die Stuttgarter Netze genannten Eisenbahnverkehre in der Metropolregion neu ausgeschrieben. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass das Land für die Verkehre künftig weniger bezahlen muss.

Region will mehr Geld vom Land für die S-Bahn

Der Verband Region Stuttgart, die Kreise und die Stadt Stuttgart haben ebenfalls angekündigte Maßnahmen bereits umgesetzt. Stichworte: regionale Expressbuslinien, ein Konzept für P+R-Plätze, Jobticket und Förderung der Elektromobilität. „Die Region hat sich auf den Weg gemacht, den ÖPNV zu stärken“, sagte Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Dies sei eine Voraussetzung, um die Luftsituation in Stuttgart zu verbessern. Er betonte erneut, dass er bei hoher Feinstaubbelastung auf freiwillige Maßnahmen setze. „Wir hoffen, dass die Menschen umsteigen“,sagte er.

Die Kreise werden bis 2019 zusätzlich 80 000 Fahrten von Bussen zu S-Bahn-Haltepunkten einrichten. Dafür gebe man 2,4 Millionen Euro aus, sagte der Esslinger Landrat Heinz Eininger. „Wir wollen mehr Verkehr auf die Schiene und in die Busse bringen. Das wird Geld kosten. Dazu gibt es aber keine Alternative“, sagte Eininger. Ohne Beteiligung des Landes und des Bundes seien die Investitionen in die Infrastruktur nicht zu finanzieren. Auch Regionaldirektorin Nicola Schelling betonte, dass sie mit wachsenden Ausgaben im Nahverkehr und damit einer höheren Verkehrsumlage rechne, die von den Kreisen und der Stadt Stuttgart aufgebracht werden muss. Sie appellierte an das Land, dem Verband, der die S-Bahn finanziert, mehr Regionalisierungsmittel zukommen zu lassen.