Der Umweltforscher Michael Kopatz stellt das Konzept der „Ökoroutine“ vor und wie die Kommunen so den Klimawandel beeinflussen könnten.

Limits - Freiheit ist nicht nur die eigene, sondern auch diejenige derer, die später auf diesem Planeten hausen. Das ist eine der Botschaften, mit denen Umweltwissenschaftler Michael Kopatz den versammelten aktiven und Ruhestands-Bürgermeistern des Rems-Murr-Kreises bei deren Treffen am Rande des Fellbacher Herbstes nah bringen wollte, wie das menschliche Verhalten in ökologischem Sinne geändert werden könnte. „Ökoroutine“ heißt dabei das Zauberwort des Verfassers des gleichnamigen Buches, das im Untertitel verkündet: „Damit wir tun, was wir für richtig halten.“

 

Alle wollen, keiner handelt

Von alleine tun wir dies in ökologischer Hinsicht erfahrungsgemäß eben nicht, hat der Projektleiter beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie der versammelten Schultesriege einen der unangenehmeren Teile der Wahrheit um alle Anstrengungen serviert, die im Sinne verringerten CO2-Ausstoßes und der jüngst zumindest auf europäischer Ebene ausgehandelten Klimaschutzziele gilt. Ganz klar: Mehr als 90 Prozent der Bundesbürger sprächen sich für den Klimaschutz aus, „doch geflogen wird so viel wie nie zuvor“.

Um die Erderwärmung auf lediglich 1,5 Grad Celsius zu beschränken, müsste das Pro-Kopf-Aufkommen auf die Produktion in Deutschland von bislang 11 auf 1,5 Tonnen pro Kopf und Jahr verringert werden. Kopatz: „Mit dem Auto ist heute diese Menge schon bei einer Fahrleistung von 10 000 Kilometern erreicht.“ Und alle anderen Aspekte der CO2-Produktion im Lebensalltag seien da noch außen vor.

Bei allen Versuchen, den ökologischen Fußabdruck mithilfe technischer Mittel zu verkleinern, sei die Bilanz der vergangenen Jahre absolut ernüchternd, konstatiert Kopatz dazu: Seit zehn Jahren gehe in Deutschland der Gesamtausstoß von CO2 trotz aller Effizienzsteigerung bei Dämmung oder Wirkungsgrad nicht zurück. Schuld seien unter anderem Konsumanreiz und wirtschaftliche Konkurrenz. Keiner wolle seitens der Verbraucher als erster verzichten und keiner wolle seitens der Produzenten auf vermeintliche Wettbewerbsvorteile verzichten. Das Resultat in Sachen verbesserte ökologische Werte: „Das Wachstum frisst die Effizienz auf“.

Steuerung durch Standards

Der Wunsch nach mehr Klimaschutz und das Problem der Erderwärmung lasse sich also nicht technisch angehen, folgert der Umweltwissenschaftler. Außerdem gelte: „Wir müssen die Strukturen ändern, nicht den Menschen.“ Ökoroutine bedeute in diesem Zusammenhang, dass Produkte – gesteuert durch gesetzliche Standards – schrittweise umweltfreundlicher werden. „Statt nur mit moralischen Appellen von Bürgern das richtige Verhalten einzufordern, ist es viel effektiver, die Produktion zu verbessern.“ Nicht zuletzt müsse Ökoroutine Limits setzen, auch wenn das radikal klinge. Beispiel Verkehr: „Wir limitieren die Starts und Landungen auf dem gegenwärtigen Niveau. Zudem stoppen wir den weiteren Straßenausbau.“ Nur so lasse sich die drastische Zunahme des LKW-Verkehrs vermeiden, frei werdende Mittel dienten dann der Investition in die Bahn.

Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung im Bereich Sicherheit, die Gurtpflicht, hat beim Schultestreffen Alt-Landrat Horst Lässing zum Widerspruch gereizt. Holzschnittartig und wenig differenziert seien Kopatz’ Entwürfe. „Wenn ich meine Glasflaschen 300 Meter zum Container fahre, sehe ich heute noch nicht ein, warum ich mich anschnallen soll.“