Wenn das Getreide im Silo verschimmelt, ist der Kornkäfer daran schuld. Hohenheimer Forscher verschaffen ihm einen Gegenspieler: sie schleusen junge, gefräßige Lagererzwespen ein, die die Käferlarven verspeisen.

Stuttgart - Der Kornkäfer ist der häufigste Getreideschädling Europas. Seine Larven wachsen im Innern eines Getreidekorns heran. Dabei setzen sie Feuchtigkeit frei – und die lässt den Inhalt ganzer Getreidesilos schimmeln. Mit einem neu entwickelten Verfahren soll nun der ärgste Feind des Kornkäfers in die befallenen Kornspeicher eingeschleust werden – die Lagererzwespe. Die Lebensweise dieses Parasiten scheint grausig: Die Larve der Erzwespe ernährt sich über Wochen hinweg von einer lebenden Kornkäferlarve. Ein Giftstich des Erzwespenweibchens betäubt die Käferlarve, so dass sich der Wespennachwuchs in aller Ruhe satt essen kann. Daraus ergibt sich ein – rein biologischer – Ansatz zur Bekämpfung des gefräßigen Kornkäfers.

 

Bisher werden die millimetergroßen Lagererzwespen als erwachsene Tiere im Silo angeliefert. Nach mehrtägigem Transport sind sie jedoch oft so altersschwach, dass sie kaum noch Interesse an den Kornkäferlarven zeigen. Die Zuchtbox der Hohenheimer Tierökologin Steffi Niedermayer verspricht fittere Käfer-Killer: Auf den ersten Blick enthält das Plastikgefäß nur Bohnensamen. Jede dieser Augenbohnen hat jedoch gleich zwei Passagiere an Bord: einmal die Larve des Bohnenkäfers, der entfernt mit dem Kornkäfer verwandt ist. Diese dient wiederum dem zweiten Insassen der Parasitenbüchse als Reiseproviant – einer Erzwespenlarve. Die Nützlinge entwickeln sich also erst in der Box zum erwachsenen Tier, und die Kornkäfer im Silo werden stets von jungen Lagererzwespen in Schach gehalten.

Im Versuch konnten die Forscher mit dieser Methode über Monate hinweg eine konstante Zahl an Schädlingsvertilgern im Getreidespeicher freisetzen. Für den Einsatz des eigentlich unbeteiligten Bohnenkäfers gibt es einen Grund: „Die Landwirte wollen sich keine Box voller Kornkäfer in die Getreidelager stellen“, erklärt Niedermayers Doktorvater Johannes Steidle. „Eben dieser Schädling soll ja aus den Silos verschwinden.“ Die Forscher hatten zuerst Bedenken, ob sich die Lagererzwespe auf diesen Wirtswechsel einlässt. Doch die hat Appetit auf beide Käferarten. So erweitern die Wespen aus der Frischhaltedose voraussichtlich bald das Spektrum der ökologischen Schädlingsbekämpfung.