Die großen Ölfördernationen haben sich am Wochenende nicht auf eine Begrenzung der Ölförderung einigen können. Verbraucher und Industrie könnten davon profitieren.

Hamburg - Nach dem Scheitern der Gespräche der großen Ölfördernationen in Doha rechnen Experten mit sinkenden Ölpreisen. „Es ist davon auszugehen, dass die Notierungen von Rohöl nachgeben“, sagte der Öl- und Rohstoffexperte des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Institut (HWWI) am Montag unserer Zeitung. Insbesondere sei davon auszugehen, dass „spekulative Tendenzen“ im Ölgeschäft jetzt nachließen und dadurch der Druck auf die Preise nachlasse.

 

Dadurch deutet sich auch an, dass Verbraucher weiterhin von günstigen Preisen profitieren können. „Wenn der Ölpreis niedrig bleibt, wofür derzeit viel spricht, dann werden auch Diesel und Benzin günstig bleiben“, sagte Rohstoff-Experte Leschus.

Am Sonntag waren Verhandlungen von insgesamt 18 großen Öl-Förderländern in Katars Hauptstadt Doha ergebnislos zu Ende gegangen. Erst für den kommenden Juni ist nun ein neues Treffen anberaumt.

Die Verhandlungen der hauptsächlich aus Opec-Mitgliedern bestehenden Öl-Förder-Staaten war nötig geworden, weil die Lage im Ölgeschäft aus Produzentensicht verfahren ist. Das Rohstoff-Angebot übertrifft die Nachfrage bei Weitem, was die Preise in den vergangenen rund zwei Jahren auf Talfahrt geschickt hat. Ziel des mehrtägigen Treffens, an dem auch das Nicht-Opec-Mitglied und zweitgrößten Ölförderer Russland teilnahm, war es gewesen, die Produktion zu deckeln und damit dem dramatischen Preisverfall Einhalt zu gebieten – ein Vorhaben, das nun insbesondere auch an politischen Gegensätzen als zunächst gescheitert gelten kann.

Iran und Saudi-Arabien liegen im Clinch

Früh hatte beispielsweise der Iran, der nach dem Ende der Sanktionen des Westens im Atomstreit stark auf das Ölgeschäft setzt, klar gemacht, eine Beschränkung der Fördermengen nicht akzeptieren zu wollen. Zum Treffen in Doha waren Vertreter der islamischen Republik erst gar nicht angereist. Saudi-Arabien wiederum hatte nach Angaben von Sitzungs-Teilnehmern für eigene Mengenbeschränkungen auch eine Kappung der iranischen Ölförderung zur Bedingung gemacht.

„Der Iran will nach Wegfall der Sanktionen endlich Öl exportieren“, sagte Rohstoff-Fachmann Leschus. Mittlefristig strebe das Land an, die Ölproduktion auf etwa vier Millionen Barrel pro Tag anzuheben – aktuell fördert der Iran nach Daten der Internationalen Energie Agentur (IEA) etwa 2,5 Millionen Barrel täglich. Für die iranische Politik hätten auch die meisten Länder innerhalb und außerhalb der Förderorganisation Opec Verständnis, sagte der iranische Opec-Gouverneur Hussein Kazempour Ardebilli am Montag der Nachrichtenagentur Shana.

Für das Scheitern der Verhandlungen machen indes viele Experten den weltgrößten Öl-Förderer Saudi-Arabien verantwortlich. „Die Saudis haben ihren Partnern mal wieder einen Schlag versetzt“, sagte etwa David Hufton vom Öl-Händler PVM. Commerzbank-Analysten konstatierten, das Land habe eine Vereinbarung vorsätzlich torpediert und ein Scheitern in Kauf genommen. „Das hat die Glaubwürdigkeit der Ölförderer generell und die der Opec im besonderen schwer beschädigt.“

Seit Sommer 2014 sind die Notierungen von Rohöl um bis zu 70 Prozent eingebrochen. Die für den europäischen Markt maßgebliche Nordsee-Sorte Brent rutsche zwischenzeitlich unter die Schwelle von 30 Dollar pro Fass (159 Liter), pendelte sich in den vergangenen Tagen aber wieder bei etwas über 40 Dollar ein. Das ist aber immer noch weit von den Werten des Jahres 2014 entfernt, als das Fass Brent zur Jahresmitte rund 115 Dollar kostete.

Fracking-Boom in USA bringt Markt durcheinander

Ursächlich für den Preisverfall war vor allem die starke Zunahme der US-amerikanischen Ölproduktion. Vor allem durch moderne Fracking-Verfahren, ist es den USA in den vergangenen Jahren gelungen, die Eigenförderung stark auszuweiten. Dadurch fällt das Land als Nachfrager auf den internationalen Ölmärkten weitgehend aus. Dazu kommt dass China aufgrund des sich eintrübenden Wirtschaftswachstums weniger Öl nachfragt, als prognostiziert. Chinas stürmisches Wirtschaftswachstum war in den Jahren 2007 und 2008 maßgeblich für die Rekordpreise, die Öl damals auf den internationalen Märkten erzielte.

Aus Verbrauchersicht ist diese Gemengelage aus politischen Streitigkeiten unter den Ölfördernationen und wirtschaftlichen Faktoren durchaus von Vorteil. Eine Phase billiger Ölpreise sei auch langfristig möglich“, sagte Klaus Bergmann, Geschäftsführer des Öl- und Heizöldienstleisters Esyoil unserer Zeitung. Dies werde sich auch in den Preisen für Diesel und Benzin widerspiegeln. Der Geschäftsführer des Bundesverbands freier Tankstellen (BfT), Stephan Zieger, sagte unserer Zeitung, ähnlich spektakuläre Preissenkungen wie 2015 seien „wohl nicht mehr drin“. Allerdings sei bei den Tankstellenpreisen „noch Luft nach unten drin“. Voraussetzung sei allerdings, dass sich die Ölpreise in der bisherigen Tendenz – also nach unten – entwickelten. Aufgrund des harten Wettbewerbs in der Branche würden sie „gnadenlos in den Markt“ weitergegeben, sagte er.