Als erste Stadt im Landkreis hat Esslingen behinderte Bürger befragt, was ihnen an Bus und Bahn nicht gefällt.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Jetzt weiß der Gemeinderat der Stadt Esslingen, welche Kritik die Behinderten in der Stadt am Öffentlichen Nahverkehr äußern. Eine Befragung des Sozialamtes hat ergeben, dass nur 35 Prozent der Sehbehinderten und der 55 Prozent Rollstuhlfahrer mit den Bussen zufrieden sind. Bessere Karten hat die S-Bahn. Mit ihr sind 54 Prozent der Gehbehinderten und 65 Prozent der Sehbehinderten zufrieden. Bei den Zahlen zur S-Bahn muss man berücksichtigen, dass nur neun Prozent der Gehbehinderten täglich mit der S-Bahn fahren. Kein Wunder, meinte die Ratsrunde, denn nach wie vor funktionieren die Aufzüge im Esslinger Bahnhof nicht.

 

Die erste ihrer Art

Nach Kenntnis der Stadtverwaltung gibt es keine Stadt im Kreis, die je eine solche Befragung gestartet hat. Auf die Idee war die Agenda-Gruppe „Barrierefreiheit“ gekommen, Monika Bradna von der Stabsstelle Sozialplanung hat sie betreut. Der Stadt sei das Ergebnis so wichtig, dass sie die Befragung in der nächsten Woche beim Netzwerktreffen Städtetag in Ulm vorstellen werde, berichtet der Pressesprecher Roland Karpentier. Die politische Idee dahinter sei, dass der Städtetag mehr Einfluss auf die ÖPNV-Betreiber nehmen könne als eine einzelne Stadt.

Tobias Hardt von den Linken war an diesem Abend ein wichtiger Fürsprecher der Sehbehinderten. Schmerzliche Erfahrungen würde man als Sehbehinderter machen, wenn die Busse nicht absenkten oder wenn sie nicht genau an die Bordkanten führen und man als Sehbehinderter in die Lücke trete. Ihm geht der behindertengerechte Umbau der Bushaltestellen in Esslingen nicht schnell genug. Er forderte von der Stadtverwaltung viel größere Anstrengungen in dieser Richtung.

Eine Kritik, die auch von den befragten Behinderten kommt. Sie kritisieren darüber hinaus, dass es keine flächendeckenden tastbaren Leitsysteme gebe, an denen sie sich orientieren könnten. Die Beleuchtung sei ihnen zu schwach und die Fahrpläne seien oft schwer lesbar. Die Schrift solle größer sein, finden sie und solle in Brailleschrift übersetzt sein. Zudem fehlt ihnen an vielen Orten der Wetterschutz sowie die Sitzgelegenheiten, und sie wünschen sich analog zum sichtbaren elektronischen Fahrplan an den Anzeigentafeln auch einen hörbaren Fahrplan. Ebenso zu wünschen übrig lassen nach den Erhebungen des Sozialamtes die Hilfsbereitschaft der Busfahrer und der anderen Fahrgäste.

Busfahrer werden regelmäßig geschult

Ein dickes Pfund an Kritik, dem sich der Finanzbürgermeister Ingo Rust gegenübersah, der in Esslingen auch für den ÖPNV zuständig ist. Zunächst verwies Rust darauf, dass zumindest beim Städtischen Verkehrsbetrieb (SVE), der etwas mehr als die Hälfte der Esslinger Linien bediene, die Busfahrer regelmäßig im Umgang mit Behinderten geschult würden. Dazu gehöre auch, dass sie direkt an den Bordstein führen und den Bus auch immer absenkten.

Allerdings hätten es die Busfahrer des SVE oft mit zugeparkten Haltestellen zu tun, und dann sei es schlichtweg nicht möglich, bis ganz an die Bordkante zu kommen. Auch würde die Stadt die Haltestellen nachrüsten, aber zunächst die, die stark frequentiert seien.