Die ÖPNV-Anbindung des Echterdinger Westens bleibt für den OB vordringlich. Doch CDU und Freie Wähler bremsen beim E-Bus-Projekt.

Leinfelden-Echterdingen - Die Einstellung des Straßenbahnbetriebs zwischen Leinfelden und Echterdingen zu Anfang der 90er Jahre gilt unter Kommunalpolitikern noch immer als größte Fehlentscheidung seit Gründung der Großen Kreisstadt vor beinahe 40 Jahren. Den Anschluss des Echterdinger Westens an die Schiene wieder herzustellen, ist eines der politischen Hauptziele, dem sich insbesondere die Freien Wähler und die CDU verpflichtet fühlen.

 

Angesichts der dafür aufzubringenden zweistelligen Millionensummen und gleichzeitig auslaufender Zuschussprogramme des Bundes wird der Neubau der Schienenstrecke zwischen den beiden größten Stadtteilen von L.-E. voraussichtlich noch Jahrzehnte auf sich warten lassen. Erstmals zeichnen sich jetzt Lösungsmöglichkeiten für einen Ersatzverkehr auf der alten Straßenbahntrasse ab. 2012 hatte Oberbürgermeister Roland Klenk die Idee vorgestellt, einen Elektrobus zwischen dem Hinterhof und der künftigen Endhaltestelle der Stadtbahn auf Höhe der Markomannenstraße pendeln zu lassen – als Vorstufe für eine spätere Verlängerung der Stadtbahnlinie U 5.

Der Schotter liegt noch

Die Ergebnisse erster Untersuchungen ermutigen offenbar dazu, das Vorhaben nicht gleich wieder im Aktenschrank verschwinden zu lassen. Für die 780 Meter lange Bus-Trasse müsse man mit etwa einer Viertelmillion Euro Baukosten rechnen, teilt Bürgermeister Frank Otte mit. Dieser relativ günstige Preis erstaunt die Stadträte. „Weil der Schotter von der Straßenbahn noch liegt“, liefert Otte eine Erklärung.

OB Roland Klenk kommentiert das humorig: „Es ist doch schön, wenn man Schotter hat.“ Wesentlich mehr Schotter ist im übertragenen Sinne jedoch für die Anschaffung eines Elektrobusses erforderlich. Je nach Größe schlägt ein solches Transportmittel mit einem Stückpreis von mindestens 400 000 Euro zu Buche.

SSB denken an technische Betreuung

Mit diesen beiden Zahlen allein ist die Sache noch nicht entscheidungsreif. Ein Betriebskonzept und die damit verbundenen Betriebskosten seien noch in Arbeit, sagt der für den Nahverkehr in der Stadt zuständige Bürgermeister Alexander Ludwig. Der Direktor der Stuttgarter Straßenbahnen AG, Wolfgang Arnold, kann sich durchaus eine „technische Betreuung“ der Stadt L.-E. bei ihren Pioniertaten vorstellen, ein finanzielles Engagement dagegen eher nicht, erklärt er auf Anfrage. Ludwig zufolge sind voraussichtlich mindestens zwei Fahrzeuge erforderlich, um den 20-Minuten-Takt der Stadtbahn mit dem E-Bus bedienen zu können.

Sobald die Vorschläge der SSB vorliegen, könne man die Sache im Gemeinderat vertieft diskutieren, sagt Ludwig, der die Pendelbus-Lösung als einen „guten Vorlauf für eine Verlängerung der Stadtbahn nach Echterdingen“ bezeichnet. Erstaunlicherweise kommt politischer Druck nicht von CDU und Freien Wählern, die eine Wiederanbindung an die Schiene mit der U 5 am lautesten fordern, sondern von der FDP-/LE-Bürger-Fraktion und den Grünen. Letztere wollen, dass sich die Stadt am Regionalprogramm „Modellregion für nachhaltige Mobilität“ beteiligt – im Hinblick auf die Einführung eines E-Busses. „Wir gehen auf jeden Fall in dieser Sache mit dem OB mit“, sagt die Grünen-Fraktionschefin Ingrid Grischtschenko. Den E-Bus bezeichnet Jürgen Kemmner (FDP/LE-Bürger) als „zwingend notwendiges Projekt“.

Auswirkungen sind nicht untersucht

„Die Idee hat etwas Bestechendes“, sagt auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Erich Klauser. Trotzdem sehe man das Vorhaben „sehr kritisch“. Vor einer Entscheidung müssten auf jeden Fall die Auswirkungen des E-Bus-Betriebs auf das Busnetz in der Stadt untersucht werden, nennt Klauser eine Bedingung für die Zustimmung der SPD.

Noch zurückhaltender äußert man sich bei CDU und Freien Wählern. „Zurzeit würde ich meiner Fraktion nicht empfehlen, sich in das Abenteuer zu stürzen“, bremst der Fraktionschef Harry Sandlaß. Zuerst wolle man wissen, wohin die Reise finanziell geht. Außerdem gibt er zu bedenken, dass die Erschließung Echterdingens mit dem E-Bus auch ein „Hindernis für eine Schienenverlängerung“ sein könne. Auch der stellvertretende Fraktionschef der Freien Wähler, Joachim Beckmann, will „erst mal gucken, was das alles kostet“ und dann die Sache gut vorbereiten. Er hat von ähnlichen Projekten, etwa in Pforzheim, gehört und rät dazu, sich über die Erfahrungen berichten zu lassen.

OB setzt auf „späte Liebe“

Von der im Lager seiner Hausmacht anklingenden Skepsis zeigt sich OB Klenk einigermaßen überrascht. Er lässt sich zumindest vorerst nicht vom eingeschlagenen Weg abbringen: „Ich setze auf die alte Weisheit, dass manche Liebe eben erst spät entbrennt.“