Die Hochalmspitze ist ein beeindruckender Dreitausender – und nur mit Steigeisen zu bewingen.

Nichts als Schnee und Granit. Nur eine graue Felsspitze ragt aus dem weißen Mantel, der sich über vier mächtige Gletscher ausbreitet. Stolz thront die Tauernkönigin über dem ewigen Eis. Mit 3360 Metern ist sie Kärntens zweithöchster und auf jeden Fall einer der schönsten Gipfel. Wie es wohl wäre, sie zu besteigen? Ob ich es wagen kann?

 

Bergerfahrung sollte man schon mitbringen, werde ich im Informationsbüro des Nationalparks Hohe Tauern belehrt. Okay, die habe ich. Was mir dagegen fehlt, ist die notwendige Ausrüstung – Klettergurt, Steigeisen und Eispickel – und Erfahrung mit Gletscherüberquerungen. Weiterhelfen kann mir schließlich die Sportschule Maltatal Alpin.

Außer mir wollen Lena, eine dänische Studentin, und ihr Vater mitkommen. Martin, unser steirischer Bergführer, reibt erst mal die Stiefel mit wasserabweisender Paste ein, dann werden Steigeisen angepasst, Klettergurte und Eispickel verteilt. Auf dem Gösskarspeicher auf 1704 Meter Höhe lassen wir das Auto stehen und laufen ganz bequem zur Gießener Hütte auf 2202 Meter Höhe hinauf, wo wir die Nacht verbringen.

Kaum haben wir die Baumgrenze passiert, ändert sich das Bild: Anstelle von Lärchen und Glockenblumen bedecken Geröll und Schneefelder den riesigen Talkessel, wie ein Krater öffnet er sich unter dem Kranz der Dreitausender. So bedrohlich die Landschaft bei Einbruch der Dunkelheit, so gemütlich ist es auf der Hütte: Bei Reisfleisch und Rotwein lauschen wir den Erzählungen anderer Bergsteiger, die die Tour bereits hinter sich haben.

Als wir um halb sechs erwachen, ist die Euphorie des letzten Abends erst mal verflogen: dichter Nebel. Talkessel und Gipfel sind in einer weißen Suppe verschwunden. "Das wird schon noch", muntert uns Martin auf. Ohne zu reden laufen wir einer hinter dem andern durch den Nebel. Nur die blutroten Markierungen und verbeulte Hinweisschilder sind hier und da zu sehen. Ansonsten verrät uns ständiges Plätschern und Rauschen, dass sich kleine Rinnsale ihren Weg durch die Schneefelder bahnen.

Nach einer Stunde müssen wir einen breiten Bach überqueren, nach zwei Stunden das erste Schneefeld. Inzwischen hat sich der Nebel gelichtet, die Morgensonne taucht hinter den Gipfeln auf und sorgt im Talkessel für Festbeleuchtung. Gleichzeitig zeichnen sich jetzt vor uns die "Steinernen Mannln" ab, Felsen, die menschlichen Gestalten ähneln. Jetzt müssen die Klettergurte angelegt und durch Karabinerhaken mit dem fest installierten Drahtseil verbunden werden, das an den Felszacken baumelt.

Während wir uns vorsichtig daran hochhangeln, passt Martin genau auf, dass jeder Handgriff und Fußtritt sitzt. In den ersten Stunden schien alles noch ganz einfach. Aber jetzt sind wir froh, einen erfahrenen Bergführer bei uns zu haben. Erst recht, als wir oben auf dem Grat entlanglaufen: Auf der einen Seite liegt der vertraute Talkessel, auf der anderen tut sich ein Abgrund mit weiteren Tälern und unzähligen Bergen auf. Die Sicht über den Wolken ist gigantisch. Aber je beeindruckender das Panorama, desto größer wird die Angst, einen falschen Schritt zu tun. Oft scheint die Hochalmspitze schon zum Greifen nah. Dann entpuppt sich das, was wir für sie halten, als eine andere, viel kleinere Spitze. So geht es noch eine ganze Weile durch Schnee und Geröll, bis wir endlich gegen 11 Uhr den echten Gipfel erreichen.

Geschafft! Ein ganzes Heer von Dreitausendern umgibt uns jetzt, in der Ferne nichts als blauer Himmel, Schnee und Berge. In Millionen von Jahren geformt, verkörpern sie die zu Stein und Eis gewordene Zeit. Es ist, als wenn man die Ewigkeit mit Händen greifen könnte. Dörfer, Straßen, die ganze Zivilisation scheint Lichtjahre entfernt, bis Lena ihr Handy aus dem Rucksack zieht und – ja, es funktioniert! – ihrer besorgten Mutter Bericht erstattet.

Schon ziehen die ersten Wolken auf und gemahnen uns zum Abstieg. Am liebsten würden wir wie Engel unsere Flügel ausspannen und ins Tal hinunterschweben. Stattdessen plagen uns jetzt die ersten Ermüdungserscheinungen. Lena hat Probleme mit den Knien. Uns anderen machen die nassen Stiefel und die unerbittlich knallende Sonne zu schaffen. Aber irgendwas müssen wir ja schließlich zu erzählen haben, als wir nach drei Stunden an der Hütte ankommen. Wie bestellt tauchen ein paar Murmeltiere auf. Behände hangeln sie sich von Fels zu Fels. Mit so bewundernswerter Leichtigkeit, als wollten sie uns ermahnen, uns auf unsere bescheidenen Kletterkünste nur nicht zu viel einzubilden.

Kärnten

Anreise
Mit dem Auto geht es auf der A 8 via München nach Salzburg. Von dort aus weiter auf der österreichischen Tauernautobahn A 10 weiter bis ins Bundesland Kärnten.

Unterkunft
Eine angenehme Bleibe für Bergsteiger in nächster Nähe zum Ausgangspunkt der Tour ist die Pension Jahn in Malta. Dort gibt es nicht nur eine sehr gute Küche, sondern auch einen fantastischen Blick auf den 200 Meter hohen Fallbachfall (Übernachtung ab 26 Euro). Online-Quartiersuche: www.maltatal.com.

Bergtouren
Die Hochalmspitze im Osten des Nationalparks Hohe Tauern lässt sich am besten von Juli bis Ende September besteigen. Ausrüstung und Bergführer stellt u.a. die Sportschule Maltatal Alpin (www.maltatal-alpin.at) in Malta.
Geführte Bergtouren organisiert auch der Nationalpark Hohe Tauern (www.nationalpark-hohetauern.at). Das dreitägige Angebot "Mein erster Dreitausender" kostet einschließlich drei Übernachtungen in einem TauernAlpin-Betrieb, geführter Bergtour und Ausrüstung ab 295 Euro. Alternativ dazu kann man die "Hochalmrunde" buchen, bei der es eine Woche lang um den und schließlich auf den Gipfel geht. Mit sieben Übernachtungen, Bergführer und Shuttle-Service kostet die Tour ab 575 Euro.

Was Sie tun oder lassen sollten
Auf keinen Fall gleich nach der Ankunft in Kärnten auf den Gipfel losstürmen, ohne sich akklimatisiert und eingelaufen zu haben. Auf jeden Fall für den ersten Dreitausender einen Bergführer engagieren, vor allem, wenn es einen Gletscher zu überqueren gilt oder wenn es Kletterpartien gibt.

Weitere Informationen Tourismusbüro Gmünd (www.familiental.com)
Kärnten Werbung (www.kaernten.at)