In einem kleinen österreichischen Bundesland könnten schon sehr bald Konservative und Rechtspopulisten zusammen regieren. Ein Vorzeichen auch für anstehende Verhandlungen um die Bundesregierung in Wien?

Digital Desk: Michael Maier (mic)

Österreich ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält“ – hat das Sprichwort von Friedrich Hebbel noch seine Geltung? Im kleinsten österreichischen Bundesland Vorarlberg haben jedenfalls die Gespräche zur Bildung einer neuen Landesregierung zwischen ÖVP und FPÖ begonnen.

 

Diese Entscheidung gaben Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und FPÖ-Landesparteiobmann Christof Bitschi nach einem intensiven zweistündigen Gespräch bekannt, während sich auf Bundesebene eher eine „Zuckerlkoalition“ abzeichnet. Beide Politiker zeigten sich zuversichtlich, inhaltlich auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.


Aus für Schwarz-Grün in Vorarlberg?

Für die bisherige schwarz-grüne Koalition gibt es nach der Landtagswahl wegen großer Stimmenverluste der Öko-Partei offenbar eine Absage. Die konservative ÖVP (38 Prozent) und die rechtspopulistische FPÖ (28 Prozent) haben potentiell eine klare Mehrheit.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner. Foto: ZGS/ÖVP Vorarlberg

„Vorarlberg Kodex“ für Migranten

Die Verhandlungen sollen zügig geführt werden, da die neue Landesregierung bereits am 6. November angelobt werden soll. Als erste Themenbereiche stehen Wirtschaft und Arbeitsmarkt auf der Agenda. Wallner und die FPÖ wollen mit dem „Vorarlberg Kodex“ auch die Integration von Flüchtlingen verbessern und dabei Sanktionen für Verweigerer einführen. Vorgesehen sind unter anderem Deutschkurse, gemeinnützige Arbeit und Wertekurse.

Personalfragen, wie die Anzahl der FPÖ-Sitze in der siebenköpfigen Landesregierung, sollen erst zum Schluss der Verhandlungen geklärt werden. Der Fokus liegt zunächst auf inhaltlichen Aspekten. Parallel zu den Koalitionsverhandlungen muss auch ein neues Budget erarbeitet werden.

Vorarlberg mit FPÖ-Tradition

Die Entscheidung für Gespräche mit der FPÖ bedeutet voraussichtlich das Ende der zehnjährigen schwarz-grünen Koalition in Vorarlberg. Wallner begründete diesen Schritt mit größerer inhaltlicher Nähe zur FPÖ in Bereichen wie Asyl, Sicherheit, Wirtschaft und Wohnen.

Eine schwarz-blaue Koalition wäre für Vorarlberg kein Novum. Die FPÖ war bereits von 1954 bis 2009 durchgehend an der Landesregierung beteiligt. Erst 2009 endete diese lange Tradition aufgrund einer als antisemitisch bewerteten Aussage des damaligen FPÖ-Landesstatthalters Dieter Egger. Auch in anderen österreichischen Bundesländern war oder ist die FPÖ schon an der Regierung beteiligt, in den meisten Fällen aber durch ein Proporzsystem, in dem die Landesräte (Minister) prozentual zwischen den Parteien aufgeteilt werden. Eine Ausnahme mit echter ÖVP-FPÖ-Koalition bildet Niederösterreich mit dem Kabinett Mikl-Leitner/Landbauer.

Landtagswahl 2024 in Vorarlberg – die Ergebnisse

  • ÖVP: 38,30 %
  • FPÖ: 28,00 %
  • GRÜNE: 12,43 %
  • SPÖ: 9,06 %
  • NEOS: 8,93 %
  • Sonstige: 3,27 %

ÖVP-FPÖ-Koalition für Österreich?

Anders als auf Bundesebene ist in Vorarlberg die FPÖ schwächer als die ÖVP und kann somit nicht den Regierungschef für sich beanspruchen. Da FPÖ-Mann Herbert Kickl Bundeskanzler werden will, tendiert die ÖVP mit Amtsinhaber Karl Nehammer im Bund laut Medienberichten zu einer „Zuckerlkoalition“ aus ÖVP, FPÖ und den Liberalen von NEOS. Sollte es so kommen, würde sich wohl die Tendenz bestätigen, dass Rechtspopulisten in deutschsprachigen Ländern konsequent von der Regierung ferngehalten werden – mit der winzig kleinen Ausnahme Vorarlberg.