Die Mozartstadt ist Österreichs Hauptstadt des Gerstensafts. Ausgeschenkt wird in uralten Schenken.

Salzburg - Freitagabend in der Brauerei Die Weisse in der Rupertgasse. Jeder Stuhl im Kastaniengarten ist besetzt. Die Serviererinnen hetzen von Tisch zu Tisch. Ganz Salzburg scheint sich zum feuchtfröhlichen Feierabend versammelt zu haben. Nur Touristen sucht man vergebens, denn das Brauhaus liegt im Stadtteil Schallmoos und damit abseits der ausgetretenen Pfade. Die Weisse ist mit Abstand der angesagteste Biergarten der Stadt. Im Winter trifft man sich drinnen, im traditionellen Wirtshaus oder im Sudhaus, das zugleich als trendige Bar fungiert.

 

Die Brauerei ist eine Institution, die sich immer neu erfindet. 1901 gegründet und vom ersten Tag an auf obergärige Weißbiere festgelegt, glänzte sie schon in der Zwischenkriegszeit mit einer Wirtin in Knickerbockern, die Zigarren rauchte. Gebraut wird heute mit computergesteuerter Technik, aber nach wie vor dreht sich alles ums naturtrübe Weißbier, das, so ist zu kosten, nicht nur in heller, sondern auch in tiefdunkler Variante daherkommen kann. Aber die Salzburger Liebe zum Bier ist viel älter, erfahren wir von Martina Gyuroka, die als „staatlich geprüfter Austria-Guide“ im feschen Dirndl mit Gästen auf der Spur des Gerstensaftes wandelt. „Bierwanderung“ nennt sich das. Zu erfahren ist etwa, dass es zehn Brauereien in und um Salzburg gibt, weil die verkehrstechnisch günstig gelegene Handelsstadt neben durstigen Einheimischen allerlei Reisende zu erfrischen hatte.

Die Stiegl-Brauerei gründete sich im Jahr 1492

Bereits 1374 gab es in der Dreifaltigkeitsgasse ein Brauhaus unter weiblicher Führung. Bier war damals gesünder als Wasser, weil es durch das Brauen abgekocht und damit keimfrei war. Nur geschmeckt hat es wohl nicht immer. Schnell waren „Hopfen und Malz verloren“, wenn das Bier sauer geworden war. Aber man arbeitete konsequent an der Verbesserung des gefragten Produktes. 1492, als Kolumbus gerade gen Amerika schipperte, gründete sich die Stiegl-Brauerei. Heute füllt die größte Privatbrauerei Österreichs jährlich mehr als eine Million Hektoliter in Flaschen und Fässer. Mit der Stiegl Brauwelt unterhält der Braugigant zudem ein spannendes Museum rund um den Gerstensaft. Danach kann man sich im dortigen Biergarten stärken oder in einer der Wirtsstuben ganze Biermenüs genießen, bei denen jeder Gang von einem anderen Glas schäumend schmackhaften Inhalts begleitet wird. Man kann den goldigen Humpen aber auch mitten in Salzburgs Altstadt genießen, sofern man vom Domplatz aus zunächst in die Bierjodelgasse einbiegt, dann aber der steilen Festungsgasse folgt. „Nur noch achtzig Schritte“, macht ein Schild Mut.

Dann folgt die Überraschung, denn hier findet sich der wohl einzige „Keller“, bei dem man noch weitere Stufen im Gebäudeinneren erklimmen muss. Dann tritt man auf die Terrasse, vulgo Biergarten, und staunt: Die gesamte Salzburger Altstadt liegt vor einem. Auf einer Höhe mit allerlei Kirchtürmen kann man den Glocken zuprosten und tüchtig den Durst löschen. Auch das alkoholfreie Weißbier schmeckt dermaßen gut, dass man bei klarem Kopf bleiben kann, denn der Tag ist ja noch lang, und bierologische Adressen sind noch allerlei vorhanden. Keinesfalls auslassen sollte man einen Besuch des Augustiner Bräu, auch Mülln Bräu oder einfach Braustübl genannt. Der riesige Biergarten ist eine höchst demokratische Institution. Hier darf man mitgebrachtes Essen konsumieren. Da die Halbe in den grauen Steingutkrügen zivile drei Euro kostet, kann man es sich mit ein paar Wurstsemmeln in der Tasche eine ganze Weile gutgehen lassen und das Gemüt vom Gerstensaft erhellen lassen.

Wer keine Brotzeit mitgebracht hat, steigt hinauf in den „Schmankerlgang“, wo man von Radi-Rosetten bis zu heißen deftigen Stärkungen alles kaufen kann, was der Magen begehrt. Bierologin Martina ist inzwischen mit ihren Gästen im Biergarten von Stern-Bräu angelangt. Hier hat schon Mozart den Durst mit dem ein oder anderen Humpen gelöscht. Mozart kann man auch im Demeter-zertifizierten Brauhaus Gusswerk begegnen. Der dortige Diplom-Biersommelier Reinhold Barta schert sich wenig um das Reinheitsgebot und kreiert ausgefallene Spezialbiere wie das rabenschwarze „Horny Betty“ mit Elfenblumen, auch geiles Ziegenkraut genannt, einer Substanz, die an den Zaubertrank eines Hexenmeisters denken lässt. Bartas kostbarster Bölkstoff „Dies Irae“ spielt auf Mozarts berühmtes Requiem an und wurde jüngst zum Bier des Jahres 2012 gewählt. Wenn Reinhold Barta sein Edel-Elixier ausschenkt, dreht er schon mal die Anlage voll auf und lässt Mozart aus den Boxen donnern. Denn Musik macht glücklich, und Bier, das wusste schon Paracelsus, „ist eine wahrhaft göttliche Medizin“.

Infos zu Salzburg

Unterkunft
Star Inn Hotel Gablerbräu, modernes Mittelklassehaus in ehemaligem Brauhaus, DZ ab 89 Euro, www.starinnhotels.com .

Villa Carlton, stilvolles Altbauhaus, DZ ab 115 Euro, www.villa-carlton.at .

Landgasthof Allerberger, DZ ab 87 Euro, www.allerberger.com

Allgemeines
Die in den örtlichen Tourismus-Infos kostenlos erhältliche Broschüre „Original Salzburger Bierkultur“ führt zu allen guten Adressen. www.salzburg.info und www.salzburg.info/bierkultur