Österreicher ist größter Stuttgart-Fan „Stuttgart ist die tollste Stadt der Welt“

Robert Nemes liebt Stuttgart – am liebsten würde er hierherziehen. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Robert Nemes aus Graz macht gerade zum 13. Mal Urlaub in Stuttgart. Er liebt diese Stadt und versucht andere von den Qualitäten des Kessels zu überzeugen. Woher kommt seine Stuttgart-Liebe?

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Ein Zug gleitet von Österreich aus in Richtung Stuttgart, vor dem Fenster ziehen grüne Wiesen vorbei. Drinnen fragt ein Mann seine Sitznachbarinnen: „Waren Sie schon mal in Stuttgart?“ Die Frauen verneinen. „Die Topografie ist einmalig“, sagt er. Der Mann, er kommt aus Graz, schenkt ihnen ein selbst geknipstes Foto vom Schlossplatz, um sie von der Schönheit der Stadt zu überzeugen. Auf seinem T-Shirt prangt dasselbe Motiv. „Sehen Sie, überall Weinberge“, sagt er, als der Zug in die Stadt rollt. „Welche andere Stadt hat das?“ Und er meint: „Stuttgart ist die tollste Stadt der Welt.“ Jedes einzelne Wort betont er, als würde er es dick unterstreichen wollen. Wer ist dieser Mann, und warum liebt er Stuttgart so sehr, dass er auch andere von der Schönheit der Stadt überzeugen will? Wir vereinbaren einen Termin mit ihm.

 

Verliebt? „Stuttgart ist meine Lebensliebe“

Robert Nemes heißt der Mann, bald 62, schwarze Haare, Rentner. Gerade macht er seinen 13. Urlaub in Stuttgart. Er kommt mit drei verschiedenen Stuttgart-Taschen zum Treffen. Oben an der Freitreppe guckt er über den Schlossplatz hinweg. Mit seiner Hand fährt er die Linien der Stuttgarter Topografie nach, fast als würde er die Hänge hinter dem Schlossplatz streicheln. „Es ist ein Traum, wirklich ein absoluter Traum“, sagt er über diesen Anblick.

Frage: Robert – er bietet nach ein paar Sätzen das Du an – bist du verliebt in die Stadt? „Verliebt ist gar kein Ausdruck“, sagt er, „Stuttgart ist meine Lebensliebe.“ Zumindest neben seiner „Lebensfreundin“, die wie eine kleine Schwester sei, die es aber nicht so mit Städten hat und deswegen nicht mitkommt.

Stuttgart war für Robert Nemes aber eine Liebe auf den zweiten Blick. Erstmals besucht er die Stadt 1980, gerade erst erwachsen. Aber so richtig Zoom macht es noch nicht. Später reist Robert Nemes nach Rom, Budapest, Prag. Erst im Jahr 2020 entdeckt er Stuttgart wieder. „Ich war wirklich überrascht, wie wunderbar Stuttgart ist“, sagt er. Hier fühlt er sich angekommen wie in keiner anderen Stadt. „Stuttgart ist für mich so schön wie Rom, Prag und Budapest zusammen“, sagt er. Gleich drei Mal verbringt er in dem Jahr eine Woche in der Stadt, und in den Jahren darauf geht es so weiter.

Er kennt alle Bezirke, die Medien und die Kultur der Stadt

Es ist nicht so, dass Robert Nemes die weniger schönen Ecken der Stadt nicht kennen würde. Er sei in allen 23 Stadtbezirken Stuttgarts gewesen, nur Degerloch habe er bisher lediglich gestreift. Findet er wirklich alles gut in der Stadt? Naja, Neugereut gefalle ihm nicht so, auch eine Neubausiedlung in Botnang, das erinnere ihn an unschöne Seiten seiner anderen Heimatstadt Graz. Und er ist gegen das Projekt Stuttgart 21, da hat er eine klare Haltung, der alte Bahnhof ist für ihn eine Schönheit.

Robert Nemes vor der Oper – diesen Ort liebt er auch. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Aber er redet lieber über die Orte, die ihm gefallen, wie das eben ist, wenn man für etwas schwärmt: der Schlossplatz, klar. Da bleibe er fast immer stehen und lasse kurz den Blick über die Hügel schweifen. Die Gaisburger Kirche mit ihrer leicht erhöhten Lage. „Ein magischer Ort“, sagt Robert Nemes. Er mag die Stadtbahnlinie 15, vor allem die Stelle, wo sie sich vom Charlottenplatz aus in Richtung Fernsehturm nach oben schraubt, „da spürt man den bergigen Charakter Stuttgarts“, sagt er.

Er liebt auch die Eisdiele Capri in Feuerbach, da ist er fast jeden Tag, wenn er hier ist. Er war schon bei den Schlössern Hohenheim und Solitude, kennt den Killesberg bei Tag und den Birkenkopf in der Abenddämmerung. Bei seinen Aufenthalten liest er jeden Tag unsere Zeitung, er weiß sogar, an welchem Tag die Leserbriefe erscheinen. „Kennst du Marcia Haydée?“, fragt er mal, das Stuttgarter Ballett sei ja weltberühmt – John Cranko, Richard Cragun, die Namen purzeln nur so aus ihm raus. Und weil die Fußball-EM auch in Stuttgart stattfindet, interessiert ihn sogar das ein bisschen, aber eben nur die Spiele hier. Er hält auch zum VfB, weil das für Stuttgart-Verehrer dazugehört – selbst wenn Fußball für ihn eigentlich eine langweilige Sache ist.

„Stuttgart ist für mich keine Touristenstadt mehr, sondern meine zweite Heimat, wo ich eben immer nur ganz kurz bin“, sagt Robert Nemes. Er träumt aber davon, noch mehr hier zu sein, ein kleines Zimmer zu mieten, Stuttgart offiziell zu seiner zweiten Heimat zu machen. Er sucht etwas ganz Einfaches für wenig Geld. „Glaubst du, dass das realistisch ist?“, fragt er im Gespräch. Möglich, aber nicht einfach in dieser Stadt.

Erinnerungsstück: Mit diesem Bild vom Schlossplatz wirbt Robert Nemes für Stuttgart – auch der Autor des Textes hat eins bekommen. Foto: privat

An diesem Wochenende fährt Robert Nemes wieder zurück nach Graz. Auch dort wird er mit seinen Stuttgart-T-Shirts herumlaufen, seine Fotos vom Schlossplatz an Freunde und Zufallsbekanntschaften im Stammcafé verteilen, zwischen 50 und 60 waren es bisher, schätzt er. „Ich bin eine Art Werbeträger für Stuttgart“, sagt Robert Nemes. Es ist seine Art, der Stadt, die ihm so viel bedeutet, etwas zurückzugeben.

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