Seit Jahren hat er das Volksfest gemieden. Kaum ist Cem Özdemir wieder da, landet er einen Treffer. Beim Promi-Event von Sonja Merz gewinnt er eine Ballonfahrt – ohne es zu wissen.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Ihr Name reimt sich auf Herz – und ein solches hängt auch in überdimensionaler, tiefroter Form als Selfie-Kulisse am Eingang ihres Zelts: Aber nicht nur deshalb geht es bei Festwirtin Sonja Merz herzlich zu. In einem harten Männerberuf hat sie sich durchgesetzt – nach Josefine Maier von Göckelesmaier als zweite Frau, die ein großes Zelt auf dem Cannstatter Volksfest führt (später kam noch Nina Renoldi dazu). Seit 1981 ist Merz in unterschiedlichen Bereichen auf dem Wasen aktiv. Ihre Nachfolgerin wird Tochter Katharina Renz, die bereits gleichberechtigte Chefin ist.

 

Traditionell laden Mutter und Tochter prominente Gäste sowie Freunde des Hauses zum Weißwurst-Frühstück ein – zu einem fröhlich-lockeren Treff, um zu plaudern, Netzwerke zu pflegen und Gutes zu tun. Der Erlös geht diesmal an die VfB-Stiftung. Erstmals dabei ist der Vegetarier Cem Özdemir (Grüne), für den das Büfett mit fleischlosen Genüssen aufwartet. Seit vielen Jahren war der frühere Bundesminister, der Nachfolger von Winfried Kretschmann werden will, nicht mehr auf dem Volksfest, wie er sagt. Mit seiner um 20 Jahre jüngeren Partnerin Flavia Zaka sowie mit seinem Sohn besucht er am Tag des VfB-Spiels das größte Fest der Schwaben – erst Rummel, dann der VfB-Sieg über Heidenheim. So ein Tag, so wunderschön wie heute!

VfB-Chef Alexander Wehrle (links) informiert über die Stiftung des Vereins. Neben ihm: Wirtin Sonja Merz und Hofbräu-Chef Martin Alber. = Foto: ubo

Der Grüne hat keine Lederhose daheim im Schrank. Özdemir trägt Jeans und ein Janker. Als er hört, dass es eine Krachlederne auch von seinem Lieblingsverein VfB gibt, also nicht die gesamte Wasen-Ausstattung bayerischer Herkunft ist, ist er überrascht. Hat er gar nicht gewusst. Wird er sich für nächstes Jahr eine kaufen?

Seit Anfang 2024 ist Özdemir mit Flavia Zaka liiert

Glück in der Liebe – und Glück im Spiel? Seit Anfang 2024 ist Cem Özdemir mit der gebürtigen Kanadierin Flavia Zaka liiert. Das Paar sieht verliebt und entspannt aus, wird getuschelt. Der Grüne kauft etliche Lose für 20 Euro pro Stück bei der Tombola, deren Erlös an die VfB-Stiftung geht, die auf vielen Gebieten helfen will. Als die Gewinne gezogen werden, hat sich der Politiker mit seiner Partnerin und seinem Sohn samt den Personenschützern bereits zu Fuß auf den Weg ins benachbarte Stadion gemacht, um den VfB anzufeuern (hat sich am Ende auch gelohnt – das Team von Trainer Sebastian Hoeneß nun auf Platz vier).


Die Überraschung ist groß, als in der Loge von Sonja Merz bekannt gegeben wird: Özdemir gewinnt eine Fahrt im Heißluftballon über Stuttgart. Hofbräu lädt dazu ein.

Vom OB bis zum „Soko“-Schauspieler – viel Prominenz feiert mit

Der Grüne ist nicht der einzige prominente Gast im „Zelt mit Herz“. OB Frank Nopper mit Frau und Sohn, VfB-Chef Alexander Wehrle, der zum FC Bayern wechselnde VfB-Marketing-Chef Rouven Kasper, der Schauspieler Peter Ketnath (Soko Stuttgart), Dehoga-Geschäftsführer Jochen Alber, der frühere Südwestbank-Chef Wolfgang Kuhn, Unternehmer Heinz Zimmermann, Künstlerin Holde Klies, Veranstalter Christian Doll, Gastronom Stefan Schneider, Winzer Thomas Diehl, die Hofbräu-Chefs Martin Alber und Jörg Koschinski und viele andere feiern mit.

Bierumsatz in dieser Wasen-Saison größer als vor einem Jahr

Peter Ketnath zieht einen Vergleich zur Wiesn in München, wo er lebt: „Das Oktoberfest ist größer.“ Doch größer sei nicht unbedingt immer besser. Hofbräu-Chef Koschinski freut sich, dass der Bierumsatz in dieser Volksfest-Saison deutlich höher ist als vor einem Jahr zur gleichen Zeit.

Stefan Schneider, Betreiber des Szene-Treffs Palast der Republik, erzählt, dass er von der Stadt zur Feier zum Tag der Deutschen Einheit ins Rathaus eingeladen worden ist (der Palast der Republik in Ost-Berlin ist schließlich Teil der deutsch-deutschen Geschichte). Dort habe OB Nopper angeregt, eine Helmut-Kohl-Straße in Stuttgart zu benennen. Schneider fragt in die Runde: „Brauchen wir eine Kohl-Straße?“ Die Antwort der Tischnachbarn ist eindeutig: Nein! Schneider sieht es anders. Zwar sei er kein Kohl-Anhänger, aber dem „Kanzler der Einheit“ verdanke das Land viel, findet der Gastronom.

Ja, auch jenseits des Weißwurstäquators, also bei uns, zuzelt man gern und spricht über alles. Das Würstchen darf nur daheim in Bayern die Zwölf-Uhr-Glocken nicht hören. Auf dem Wasen ist man in der Zeitfrage großzügiger. Aber nicht nur darin. Und am Sonntag kann Özdemir dann nicht nur seinen Tombola-Gewinn feiern, sondern vor allem auch den VfB-Sieg. So einen genialen Tag erlebt der Wahlkämpfer bestimmt nicht immer in seinem politischen Alltag.