Die Korntalerin Beate Roller und ihre Mitstreiter öffnen an diesem Sonntag in der Gartenstadt wieder ihre kleinen Paradiese. Warum tun sie das?

Der Schriftzug „Bin im Garten“ ragt vor der Haustür aus einem Kübel. Rund um ihr Haus hat sich Beate Roller ein kleines Paradies geschaffen, in dem sie viel Zeit verbringt. Kein Wunder: Es ist grün, bunt, idyllisch, hier blühen Rhododendron, Hortensien, Rosen, dort wachsen Buchsbäume – und auch ein bisschen laut, denn in Beate Rollers Garten fühlen sich nebst Menschen Tiere ziemlich wohl. Insekten surren, brummen, Vögel wie Amseln zwitschern fröhlich, Eichhörnchen holen sich täglich ihre Portion Nüsse ab.

 

Beate Roller lebt im Stadtteil Korntal in der Neuhaldenstraße und damit im Norden in der Gartenstadt. Die ist für ihre prächtigen Gärten bekannt – und dafür, dass die Eigentümer ihre beeindruckenden Kleinode der Öffentlichkeit zeigen. An diesem Sonntag ist es wieder soweit, um 11 Uhr beginnt die Veranstaltung „Offene Gärten“. 13 liebevoll gestaltete Kleinode sind zu sehen. Der Garten in der Gartenstraße 16 und der in der Hindenburgstraße 14 bleiben doch zu.

Stets reger Zulauf

Beate Roller organisiert und öffnet, wie weitere frühere Mitglieder der mittlerweile aufgelösten Agendagruppe 8. Die kämpfte viele Jahre lang für die Bewahrung des Wohngebiets mit großen Häusern und noch größeren Gärten – vor dem Hintergrund des wachsenden Wohnraumdrucks. Die Mitglieder kritisierten eine zu massive und zu dichte Bebauung und sahen die Erhaltung der Gartenstadt dadurch gefährdet. Zum Aus der Agendagruppe sagt Beate Roller: „Wir hatten keine Daseinsberechtigung mehr und haben auch keinen Sinn mehr gesehen.“ Gerhard Reiniger, der ein paar Häuser weiter wohnt und sich am Sonntag auch beteiligt, ergänzt: „Das Neubaugebiet Korntal-West hat die Sache entspannt.“ Auch habe der Bürgermeister Joachim Wolf (parteilos) die Anliegen der Agendagruppe mit unterstützt, anders als sein Vorgänger. Der Gemeinderat verabschiedete eine Erhaltungssatzung, um den Charakter der Gartenstadt zu bewahren. „Zum Glück“, sagt Gerhard Reiniger. Viel sei abgerissen und neu bebaut worden.

Sollten die offenen Gärten einst die Notwendigkeit der Erhaltung der Gartenstadt unterstreichen, ist die Absicht heute eine andere. Nun wollen die Ehemaligen „als Bürger für Bürger“ etwas veranstalten, zumal nach Corona und da die offenen Gärten stets regen Zulauf hatten, an die 1000 Besucherinnen und Besucher. „Wir wurden ständig angesprochen. Die Leute freuen sich wahnsinnig über die Veranstaltung“, berichtet Renate Frank aus der Münchinger Straße. Beate Roller betont, Gärten seien zentral wichtig angesichts des Klimawandels, eine grüne Lunge, Frischluftschneisen, die anderswo in Korntal fehlen würden – und zudem etwas Verbindendes. Die Veranstaltung sei dazu gedacht, dass sich die Menschen begegnen und austauschen, dass ein „Wir-Gefühl“ entsteht. Es geht aber auch ums Wohlfühlen und Genießen. „Die Besucher setzen sich hin und lassen den Garten auf sich wirken“, stellt Renate Frank fest. Beate Roller nickt. „Wenn ich runterkommen will oder schlecht gelaunt bin, ist spätestens im Garten wieder alles in Ordnung.“ Gleichwohl werde es immer schwieriger, Mitstreiter zu finden. Roller: „Das Alter der Eigentümer spielt eine Rolle.“

Wasserverbrauch ist ein Thema

Trotzdem: „Die Liebe zum Garten insgesamt hat zugenommen“, meint die Korntalerin. Die Leute würden dafür „unglaublich viel Geld“ ausgeben. Beate Roller hat acht Ar. Das sei an sich nicht groß, „die Bepflanzung ist Aufwand“, sagt Beate Roller. Gerhard Reiniger erzählt von seinem Mähroboter. Er liebt unter anderem Stauden. „Die wachsen immer wieder – das Unkraut aber auch“, sagt Gerhard Reiniger und lacht. Der Boden sei nicht optimal, berichtet Renate Frank. Sie hegt und pflegt einen naturbelassenen, terrassierten Südgarten mit altem Baumbestand, 100 Jahre alten Forchen, der ursprünglich Teil eines Weinbergs war. „Ohne Regen ist der Boden hart wie Beton“, so Frank. Viele Pflanzen würden nur ein Jahr überleben. Mit Haus und Garten sei sie sehr verbunden, weil sie dort aufgewachsen sei.

Je weniger es regnet, desto mehr Wasser brauchen die Gärten aus Schläuchen und Gießkannen. „Der Wasserverbrauch ist nicht ökologisch“, sagt Beate Roller. Heute lege man einen Garten ganz anders an als früher. Die Gartenfreunde setzen zunehmend auf Bäume und Blumen, die Hitze und Trockenheit gut vertragen. Sie sammeln Regenwasser in Tonnen und Abwasser in der Küche, wenn sie etwa Obst und Gemüse waschen.

Es gibt auch einen besonderen Spaziergang

Gartengucken ist am Sonntag längst nicht alles. Geboten ist auch ein musikalisch-literarischer Gartenspaziergang – das zusätzliche Angebot hebt die Korntaler nach eigenen Angaben von anderen ab. „Wir haben hier so viele tolle Musiker. Korntal ist nicht verschlafen, sondern hat ein Kulturleben“, sagt Beate Roller. In den Gärten spielen Promis aus dem Ort – Gaby Pas-van Riet (Flöte), Benjamin Pas (Cello), Jens Fuhr (Klavier), das Vokalensemble Voci per sonare –, Ditzinger wie der Bezirkskantor Andreas Gräsle (Klavier) und Dieter Kraus (Saxofon). Die Soko-Stuttgart-Schauspielerin Astrid Fünderich aus Korntal hält eine Lesung.

Das Programm und der Flyer für Korntal sind im Internet auf www.korntal-muenchingen.de/offenegaerten. Offene Gärten gibt es am 11. Juni auch andernorts, zum Beispiel in Hemmingen: https://offenegaerten-esslingen.de/.