VfB Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia beschäftigt sich vor dem Spiel in Berlin vor allem mit seiner Offensive - aus gutem Grund.      

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Vor ein paar Tagen hat Tadashi Hirata aus Tokio im Clubhaus des VfB Stuttgart mit einer Neuigkeit aufgewartet. "Shinji Okazaki", das erzählte der Journalist aus Tokio, "will beim VfB wie in der Nationalmannschaft sehr gerne ganz vorne in der Spitze spielen. Das ist in Japan ein ganz großes Thema."

 

Weil der japanische Zeitungsmarkt zu den Aufgeregtesten weltweit zählt, wird am Ende nicht alles so heiß gegessen, wie es in Nippons Gazetten zuvor hochgekocht wurde. Doch einen Fingerzeig erlaubt die Geschichte um den angeblich angriffsfreudigen Okazaki schon:

Während sich in Stuttgart die Abwehrreihe durch Verletzungen und die Gelb-Rote Karte von Khalid Boulahrouz ganz von alleine aufstellt, hat in der Offensive der Kampf um die Startplätze neu begonnen. Denn die Auswahl für die Positionen vor der Viererkette und der Doppelsechs mit Zdravko Kuzmanovic und William Kvist ist für den Trainer Bruno Labbadia groß.

Das Angriffsspiel des VfB lahmt

Einige Spieler (siehe Okazaki, Pawel Pogrebnjak oder Timo Gebhart) sind mit ihrem Status Quo unzufrieden - und wittern ihre Chance. Das ist so, weil es beim VfB im Spiel nach vorne zuletzt zweimal nacheinander nicht gut lief. Gegen Leverkusen gelang kein Tor, mehr noch: auch in der Rubrik "Schüsse auf das Tor" stand beim VfB die Null.

Bruno Labbadia ist ebenfalls nicht entgangen, dass in seiner Anfangsformation (bisher begannen in der Bundesliga immer dieselben elf Spieler) trotz der Personalsorgen in der Verteidigung vor allem das Angriffsspiel lahmt. Und so führte der VfB-Trainer vor allem mit seinen Achsenspielern Kuzmanovic, Kvist, Tamás Hajnal und Cacau in dieser Woche auf dem Trainingsplatz intensive Gespräche.

Denn gerade Hajnal ("Wir sind zu einfach ausrechenbar, dürfen nicht so eindimensional spielen"), der in der Rückrunde der souveräne Anführer und Taktgeber im Abstiegskampf gewesen ist, hat nun zweimal hintereinander erschreckend schlecht gespielt - und wurde von Labbadia beide Male völlig zu Recht ausgewechselt.

Läuft bei Hajnal nichts, läuft beim VfB-Offensivspiel nichts

"Tamás hat damit zu kämpfen, dass unsere Gegner in der Defensive sehr kompakt stehen - das geht uns inzwischen auch gegen einen Topclub wie Leverkusen so", sagt Labbadia über seinen sehr ehrgeizigen und feinfühligen Spielmacher: "Wir müssen aber als Team daran arbeiten, flexibler zu werden. Und Tamás persönlich braucht einfach wieder ein gutes Spiel, damit der Knoten platzt."

Tatsächlich aber ist das System Labbadia, ein 4-2-3-1, das der VfB-Trainer in der vergangenen Rückrunde dem Winterneuzugang Hajnal als zentralem Spieler quasi auf den Leib geschneidert hat, extrem von den Ideen des kleinen Ungarn abhängig.

Das wurde bisher allzu deutlich: Lief bei Hajnal nichts, ging im VfB-Offensivspiel nichts. Der Ungar gibt sich durchaus selbstkritisch. "Hinten stehen wir schon gut, jetzt müssen wir die Abstimmung im Spiel nach vorne verbessern", sagt Hajnal.

Labbadia erwartet sich von Kuzmanovic mehr Kreativität

Doch bisher sind gerade erst drei Bundesligapartien (mit einem Sieg, einem Unentschieden und einer Niederlage) absolviert, also will sich Bruno Labbadia trotz eines negativen Trends vor der Partie am Freitag bei Hertha BSC nicht verrückt machen lassen.


Von Zdravko Kuzmanovic erwartet sich Labbadia auf der Sechserposition wieder mehr Kreativität ("er spielt mir inzwischen fast schon zu sehr systemtreu").

Und für die Plätze vor dem Serben besitzt er ja die Alternativen. "Gerade im Offensivbereich schieben aus der zweiten Reihe einige Spieler nach", sagt der 45-Jährige und meint damit besonders Shinji Okazaki, Timo Gebhart und Ibrahima Traoré.

Labbadia wird an Hajnal festhalten

Dass Labbadia seine Startformation auf den vier Offensivpositionen ein wenig verändern wird, gilt daher als ziemlich sicher. Was er genau vorhat, darüber schweigt sich der gebürtige Darmstädter wie immer aus.

Weil der VfB-Trainer in einer Auswärtspartie kaum auf ein System mit zwei Spitzen umstellen wird, wie er es in der Schlussphase des Leverkusen-Spiels mit der Hereinnahme von Pogrebnjak tat, dürfte Cacau (zwei Saisontore) einzige Spitze bleiben.

Weil ein starker Hajnal für die Zukunft des VfB wichtig ist, wird Labbadia an ihm festhalten - und auf ein gutes Spiel des Ungarn hoffen. Bleiben die beiden Außenpositionen, wo der einstige Edeljoker Martin Harnik zuletzt etwas durchhing. Gut möglich also, dass auf rechts ein Spieler beginnt, den man in Japan allerdings gerne ganz vorne sähe: Shinji Okazaki.