Viele haben sich seit Corona einen Hund angeschafft. Die Leiterinnen einer Hundepension und des Tierheims berichten von Problemen.

Ludwigsburg - In der Hundepension Ölmühle in Hohen-eck werden die beiden Besucher mit schwanzwedelnder Begeisterung empfangen. Der wuschelige Mischling Miki hingegen hat es sich auf einem Sessel bequem gemacht – er lässt sich von neuen Gesichtern nicht so schnell aus der Ruhe bringen.

 

Die Hunde haben reichlich Raum und Plätze, auf denen sie es sich gemütlich machen können. Sie können miteinander spielen, sich jederzeit Streicheleinheiten abholen oder werden auch je nach Bedürfnis geistig gefordert, beispielsweise mit Suchaufgaben. „Das hier bei uns ist der Kindergarten“, schmunzelt Simone Müller, die die Hundepension unweit des großen Ludwigsburger Klärwerks seit dem 1. Juli 2021 betreibt.

So gut wie diese Hunde hat es längst nicht jeder Vierbeiner mit ähnlichem Schicksal.

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„Wir haben das Glück, dass die Besitzer Menschen sind, denen ihr Vierbeiner wirklich am Herzen liegt.“ Dennoch stellt Simone Müller fest, dass die Coronapandemie nicht nur für Menschen, sondern auch für die Tiere eine Herausforderung ist. „Viele haben sich einen Hund angeschafft, ohne daran zu denken, dass er ein Lebewesen mit eigenen und je nach Rasse verschiedenen Bedürfnissen ist. Bei uns muss doch heute alles funktionieren, also auch der Hund“, sagt sie. Mit dieser Einstellung werde man aber früher oder später scheitern.

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Welpen müssen von anderen Hunden lernen können

Ein Eindruck, den Ursula Gericke vom Ludwigsburger Tierheim Franz von Assisi am Kugelberg bestätigt. Hunde würden oft zu früh von ihrer Mutter und den Geschwistern getrennt, und wenn dann Dinge wie das Welpentraining ausfielen, bekämen die Menschen früher oder später Probleme mit dem Hund. „Und das wird sich verstärken“, ist die Expertin überzeugt. „Die meisten Hunde zeigen Verhaltensauffälligkeiten erst ab einem Alter von 18 Monaten.“ Inzwischen hätten zwar Hundeschulen wieder geöffnet, „aber nur mit 2-G-Nachweis, und den haben viele nicht“, sagt Gericke. Auch Simone Müller hat festgestellt, dass manche Händler oder Vermehrer durch die pandemiebedingten Einschränkungen das Geschäft ihres Lebens gewittert und die Welpen viel zu früh abgegeben haben.

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Hinzu kommt bei neu angeschafften Junghunden: „Die Welpen hatten wegen Corona kaum eine Möglichkeit, im Umgang mit ihren Artgenossen richtig sozialisiert zu werden“, benennt die Hundefreundin die Ursache für manche Schwierigkeiten. Hundeschulen hatten geschlossen, beim Gassigehen hielt man Abstand. „Dabei kann man gerade in der Prägephase viel Mist bauen“, betont sie.

Gedankenlosigkeit führt zu Hundeleid

Doch auch Privatleute machen sich oft keine Gedanken. So habe sich kürzlich jemand gemeldet, der zwölf American-Bulldog-Welpen in einer Drei-Zimmer-Wohnung gehalten habe und wissen wollte, ob sie sich um die Kleinen kümmern könne. Sie hat es abgelehnt. „Natürlich tun einem die Hunde leid, und man will ihnen helfen, aber andererseits möchte ich so etwas nicht unterstützen.“ Eine andere Einrichtung habe die Jungen aufgenommen. „Und da sitzen sie jetzt im Zwinger.“

Sinnvoller, sagt die Teilzeitmitarbeiterin und Gassigeherin Sandra, wäre es, die Welpen ins Tierheim zu bringen. „Die achten genau darauf, wem sie einen Hund geben, und die Tiere werden auch kastriert.“ Oft stecke bei den Menschen aber kein böser Wille dahinter, wenn sie ihren Hund falsch behandelten, sondern schlichtweg Unwissenheit. „Viele Leute glauben beispielsweise, sie müssten ihren Hund permanent beschäftigen, Stöckchen und Bälle werfen. Aber genauso wichtig sind Ruhephasen,“ betont Simone Müller, und ihre Mitarbeiterin ergänzt: „Sonst kommen die Tiere gar nicht mehr zur Ruhe.“

Den Vierbeiner rechtzeitig auf den Alltag vorbereiten

Ursula Gericke rät, den Vierbeiner auf alle Fälle rechtzeitig darauf vorzubereiten, dass er auch mal ein paar Stunden allein sein muss, wenn man wieder zur Arbeit fährt. „Man kann beispielsweise mal zwei bis drei Stunden lang die Tür zumachen, wenn der Hund vorher ausgelastet wurde. Und wenn der Hund später mit ins Büro soll, muss man ihn jetzt schon daran gewöhnen, dass ab und zu fremde Leute reinkommen oder dass er dann in eine Box muss.“

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In der Hundepension Ölmühle gibt es aktuell nur liebevolle Betreuung – stundenweise oder auch mal über Nacht – , aber noch kein Hundetraining. Dafür arbeitet man mit einer Benninger Hundeschule zusammen.

Tipps gibt es aber natürlich trotzdem für den Umgang mit dem Hund. Ganz wichtig sei es, Geduld zu haben, sagt Sandra Müller. Und wenn man dann noch die Bedürfnisse seines Haustiers berücksichtigt, hat man ein tolles Familienmitglied, das genauso entspannt und glücklich ist wie die Gäste in der Hundepension Ölmühle.