Die hessische Band Okta Logue macht in Stuttgart einen weiteren Schritt nach vorn. Das Konzert im Cann ist eine Hommage an popmusikalisch vergangene Zeiten, zeigt sich im Subtext aber unerwartet modern.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Der Vorsatz für diesen Konzertbericht war, die Musik der hessischen Band Okta Logue nicht auf wenigstens ähnlich klingende Künstler aus längst vergangenen Jahrzehnten zu beziehen. Er lässt sich am Dienstagabend im Cann ungefähr null Minuten lang aufrecht halten. Sicher, wenn man am S-Bahnhof ein wenig widerwillig der Beschilderung Richtung "Wasen" gefolgt ist, rechtzeitig links abbiegen konnte und sich dann dem oft als Konzertlocation dienenden Jugendhaus nähert, hört man von draußen sehr harmonische, sanft bewegte Popmusik.

 

Wenn man dann in dem erfreulich gut gefüllten Konzertraum selbst steht, treten die Orgel und die Soundflächen von Max Schneider deutlich hervor; man merkt, dass Philip Meloi seiner Leadgitarre die ärgsten Spitzen genommen hat und wahre Akkordteppiche ausbreitet; der Gesang von Benno Herz erinnert seltener an Alex Turner (Arctic Monkeys) und öfter an den von Brooks Nielsen (The Growlers). Außerdem war früher gar nicht mal mehr Schlaghose, zumindest nicht bei Meloi, der übrigens auch die Posen der Siebzigerjahre-(Prog-)Rocker draufhat. Ergo: die Vergangenheit ist hier so präsent, dass der kritische Musikkritiker als Erstes "Nostalgie" schreit und dann aber feststellt, dass diese Musik trotzdem ziemlich viel mit dem Jahr 2016 zu tun haben könnte. Pink Floyd, da war doch was?!

Okta Logue sind eine der Bands, die unsere Leser in der großen StZ-Sommerdiskussion um zu viele Altrocker auf Stuttgarter Bühnen als Positivbeispiel anführten: als eine Band, die Altes neu spielt. Das Stuttgarter Konzert macht deutlich, dass diese Wahrnehmung keineswegs trügt; und zwar trotz der Bühnenoutfits zwischen Schlaghose, Slim-Fit-Hemd, Schnurrbartansatz, Feinripp und einer Haartracht, unter der man das eigene Gesicht beim Solo bestens selbst begraben kann.

Was Okta Logue mit Techno zu tun haben

Okta Logue imitieren das Spiel der Technomusik: Kadenzen wiederholen, Spannung aufbauen und dann kommt statt dem Bass eben Philip Meloi mit einer Solopartie um die Ecke. Der Gitarrist drängt sich dabei, seinen expressiven Posen zum Trotz, klanglich nie in den Vordergrund. Okta-Logue-Songs ähneln in der Livedarbietung eher konstant dahinfließenden Tracks. Die dann halt mal zehn Minuten oder länger dauern können, so wie "Decay". 

Das ist der letzte Song vor einem Zugabenblock, bei dem ein herrlich originalgetreu nachgespieltes "Hotel California" nicht einmal den Abschluss bildet - auch das ein Zeichen, dass Okta Logue sich nicht als Retromucker verstehen. Sehr wohl aber als eine Band, die zumindest in Stuttgart ein bestens durchmischtes Publikum zwischen 16 und mindestens 60 Jahren anzieht, das die Köpfe eifrig zur Musik dreht und, auch das nicht selbstverständlich, dem Konzert äußerst aufmerksam folgt.

Okta Logue haben seit ihrem letzten Stuttgart-Besuch im Zwölfzehn ein hervorragendes neues Album veröffentlicht und auch mit Blick auf den Publikumszuspruch den nächsten Schritt getan. Musik für Musikliebhaber: so dürfte es gerne bei jedem Konzert sein!


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