Der Mercedes-Vertriebschef Ola Källenius zieht in den Daimler-Vorstand ein. Die Position des 45-jährigen Schweden wird damit aufgewertet.

Stuttgart - Vor drei Wochen hatte Ola Källenius im südchinesischen Guangzhou einen großen Auftritt. Im ehemaligen Kanton ging die Weltpremiere des neuen Mercedes-Maybach S 600 über die Bühne. Der Vertriebschef von Mercedes-Benz trug eine dunkelrote Jacke mit Stehkragen in chinesischem Stil, hob nach einem Auftritt berühmter Musiker hervor, dass dies „ein perfekter Ort ist, um Kunst auf höchstem Niveau zu genießen“, und schlug dann einen Bogen zur neuen Luxuslimousine. Sie biete Exklusivität sowie höchsten Komfort, so Källenius, und lasse auch bei der individuellen Ausstattung keine Wünsche offen. Kein Zweifel – der Chefverkäufer der Marke mit dem Stern macht auch auf internationalem Parkett eine gute Figur.

 

Die Leistungen des Schweden, wozu auch sein Verkaufstalent gehört, kommen offenbar auch beim Daimler-Aufsichtsrat gut an. Zum Jahreswechsel steigt der 45-jährige Vertriebschef in den Daimler-Vorstand auf; er ist weiter für den weltweiten Pkw-Vertrieb zuständig, seine Position wird dadurch aber aufgewertet. „Mit Ola Källenius stellen wir uns jünger und internationaler auf. Beides sind Eigenschaften, die wir auch bei unseren Kunden sehen“, sagte Aufsichtsratschef Manfred Bischoff nach der Sitzung des Kontrollgremiums.

In den vergangenen Jahren ist der Absatz insbesondere in Nordamerika und China stark ausgeweitet worden. China dürfte bald zum weltweit wichtigsten Markt aufsteigen. Dort sind die Kunden deutlich jünger als etwa in Europa. Zudem gewinnt der Stuttgarter Autohersteller jüngere Kunden, indem er im Zuge der Modelloffensive auch sein Angebot in der Kompaktklasse deutlich ausweitet.

Ola Källenius wird mit 45 Jahren mit Abstand der jüngste Daimler-Vorstand sein. Bislang überwiegen die Mittfünfziger, Forschungs- und Entwicklungschef Thomas Weber ist 60, Vorstandschef Dieter Zetsche ist 61, und Christine Hohmann-Dennhardt, die das Vorstandsressort Recht und Integrität hat, ist 64 Jahre alt.

Källenius wirkt jugendlich. Er hat ein Faible für die neuesten Handys, schwärmt davon, wie Mercedes-Kunden das Internetangebot nutzen. Er ist viel umgezogen im Laufe seiner Karriere und zeigt doch auch eine gewisse Bodenständigkeit, wenn er sagt, dass er sich mit seiner Frau und den drei Kindern in Stuttgart wohlfühle.

Mit dem Aufstieg von Källenius wird der Vorstand wieder auf acht Mitglieder erweitert. Eine Position war gestrichen worden, als der frühere Mercedes-Produktionschef Andreas Renschler Ende Januar ausschied, weil er mit seinem Job unzufrieden war und keine Chance mehr sah, zum Daimler-Chef aufzusteigen. Nun wird er im Februar Nutzfahrzeugchef des VW-Konzerns. Markus Schäfer, sein Nachfolger als Mercedes-Produktionschef, hat anders als Renschler keinen Vorstandsrang. Aufsichtsratschef Bischoff hob zur Begründung der Aufwertung des Vertriebschefs auch auf die vielfältige Führungserfahrung hin, mit der Källenius maßgeblich dazu beitragen könne, die Kundenbedürfnisse optimal anzusprechen und die Wachstumsziele der Strategie 2020 zu erreichen. Im Rahmen dieser Strategie soll Mercedes-Benz bis zum Ende des Jahrzehnts wieder zum weltweit führenden Premiumhersteller aufsteigen.

Källenius begann seine Karriere nach einem Wirtschaftsstudium in Stockholm und St. Gallen 1993 in der internationalen Nachwuchstruppe von Daimler. Führungserfahrung sammelte er nach Stationen im Einkauf und im Rennsport unter anderem 2009 als Chef des US-Werks in Tuscaloosa, wo auch seine Leidenschaft für American Football geweckt wurde, sowie 2010 bis 2013 als Chef der Daimler-Sportwagentochter AMG aus Affalterbach; AMG ist für Kunden mit speziellen Wünschen zuständig, die auch gerne mal etwas mehr Geld für ihren Wagen ausgeben. Dieses Unternehmen gilt im Konzern mit dem Stern als Karrieresprungbrett. Die kleine, aber feine Tochter ist so etwas ist wie ein flottes Beiboot des Tankers Daimler. AMG arbeitet wie ein mittelständisches Unternehmen, kann jedoch auf Wunsch den reichhaltigen Erfahrungsschatz und das Netzwerk des Autokonzerns nutzen. In den vergangenen Jahren hat die Sportwagentochter kräftig Gas gegeben. Im vorigen Jahr hat AMG mehr als 32 000 Wagen verkauft, so viele wie nie. In diesem Jahr soll die Marke von 40 000 Autos geknackt werden.

Wie groß die Wertschätzung von Daimler-Chef Zetsche für Källenius ist, zeigte sich, als der Schwede im Oktober des vorigen Jahren zum Vertriebschef ernannt wurde. Damals war er Mitglied des Bereichsvorstands von Mercedes-Benz und damit eine Stufe unter dem Daimler-Vorstand. „Mit Ola Källenius übernimmt ein echter Car Guy das Ruder. Er weiß, wie man eine Marke zum Erfolg führt, und kennt sowohl unsere Kunden als auch unsere Organisation bestens“, lobte Zetsche.