Die Pläne wecken Erinnerungen an die Terrorgruppe NSU: Mit Brandbomben soll die „Oldschool Society“ Anschläge auf Flüchtlinge geplant haben. Doch anders als der NSU flog die OSS auf, bevor etwas geschah. Nun geht es vor Gericht darum: Wie konkret waren die Pläne?

München - Drei Jahre nach dem Start des NSU-Prozesses hat vor dem Münchner Oberlandesgericht ein weiterer Prozess gegen eine rechte Terrorgruppe begonnen. Die mutmaßliche Führungsspitze der rechtsextremen „Oldschool Society“ (OSS) muss sich seit Mittwoch wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft den drei Männern und einer Frau zudem die Vorbereitung eines Anschlags auf ein Flüchtlingsheim in Sachsen vor.

 

Anders als beim Nationalsozialistischen Untergrund, der jahrelang unentdeckt mordete, kam es in diesem Fall nicht zu Anschlägen; es gab weder Verletzte noch Tote - nicht einmal Sachschaden. Und anders als der NSU agierte die Gruppe wenig konspirativ. Sie verabredete sich über Chatgruppen und Telefon.

Die Planungen der Gruppe um den selbst ernannten Anführer Andreas H. aus Augsburg zielten auf „Anschläge auf Asylbewerberunterkünfte mit pyrotechnischen Sprengkörpern, insbesondere in Form von Brand- und Nagelbomben“, sagte Oberstaatsanwalt Jörn Hauschild am Mittwoch zum Prozessauftakt am Mittwoch, der von strengen Sicherheitsvorkehrungen begleitet war. Dabei habe die OSS „die Tötung von Menschen zumindest billigend in Kauf genommen.“

Die Angeklagten hätten bereits konkrete Vorbereitungen getroffen. Der 40 Jahre alte Markus W. und die 23-jährige Denise G. hätten in Tschechien große Mengen Feuerwerkskörper besorgt. Deren zerstörerische Kraft wollte die Gruppe den Ermittlern zufolge mit Nägeln oder mit brennbaren Substanzen wie Spiritus erhöhen. Darüber jedenfalls sprachen die mutmaßlichen Rädelsführer Andreas H. und Markus W. auch am Telefon.

Rund 20 Zeugen sollen gehört werden

Die Verteidigung von Andreas H. sieht dagegen keine konkreten Pläne und auch keine Terrororganisation. Die Pläne seien zunächst „eher vage“ gewesen. Ob sich die Angeklagten vor Gericht zur Sache äußern, ist unklar. Am Mittwoch wurden Olaf O. und Markus W. lediglich zur Person vernommen.

Die Gruppe hatte sich über Facebook und Kurznachrichtendienste im Internet zusammengefunden. Im November 2014 wurde laut Bundesanwaltschaft bei einem ersten Treffen die Möglichkeit von Anschlägen erörtert. Bei einem zweiten Treffen im Mai 2015 im sächsischen Borna wollten die Mitglieder laut Anklage einen bereits konkret geplanten Anschlag auf ein Flüchtlingsheim verüben.

„Es ist die Rede davon gewesen, dass mehrere Anschläge begangen werden sollten“, sagte Oberstaatsanwalt Hauschild am Rande des Prozesses. Die konkreten Hinweise hätten sich aber nur auf den einen geplanten Anschlag Anfang Mai bezogen.

Die „Oldschool Society“ bestand nach den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft aus mehr als den vier angeklagten Personen - wobei die Mitgliederzahl variierte. „Wir gehen davon aus, dass mindestens 10 bis 15 Personen zu dieser Gruppe zählten“, sagte Hauschild. „Ob diese allerdings alle Mitglieder der terroristischen Vereinigung waren, das ist eine rechtliche Frage, das ist noch der Gegenstand der weiteren Ermittlungen.“ Gegen wie viele Personen konkret derzeit noch ermittelt wird, wollte Hauschild nicht sagen.

Am 6. Mai 2015, wenige Tage vor dem geplanten Anschlag, hatten in Bayern, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern 250 Beamte Wohnungen durchsucht und die vier Beschuldigten festgenommen. Gefunden wurden Gas- und Schreckschusswaffen, Schlagringe, Schwerter, Feuerwerkskörper, sowie Nägel - die Anklage geht davon aus, dass sie für die Sprengkörper bestimmt waren. Markus W. und Denise G. lebten in Sachsen, der vierte Angeklagte, Olaf G. stammte aus Bochum.

Der Senat unter Vorsitz von Richter Reinhold Baier hat mittlerweile bis in den November terminiert und rund 35 Verhandlungstage angesetzt. Rund 20 Zeugen sollen dem Vernehmen nach gehört werden.