Oliver Storz ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Der Fernsehregisseur und Autor hat stets den Nazigrusel-TV-Events misstraut.

Stuttgart - "Mich lassen sie", so hat Oliver Storz noch vor zwei Jahren in einem Interview seine Rolle beim Fernsehen beschrieben, "mir reden sie nicht drein." An dieser Aussage des 1960 vom Schreiben zum Filmen Gekommenen ist nicht zuletzt die Gegenwartsform interessant. Der Regisseur war damals schon achtzig Jahre alt, begriff sich aber noch als aktiver Fernsehmacher. Der, wie erst am Dienstag bekannt wurde, am 6. Juli im Alter von 82 Jahren verstorbene Storz war kein öffentlich-rechtlicher Dienstplan-Abarbeiter und Rentenersehner.

 

Der Erfinder des "Tatort"-Kommissars Haferkamp, der Drehbuchautor der Kultserie "Raumpatrouille Orion" (1966), der Verantwortliche für Serien wie "Die Magermilchbande" (1979) und TV-Filme wie "Das Viereck" (1988) und "Die Frau, die im Wald verschwand" (2007) war ein unermüdlicher Content-Lieferant, wie das im Denglisch des Medienbetriebs heißt. Aber er begriff sich auch als eigenen Grundsätzen verpflichteter Autorenfilmer. Er hielt an der Ansicht fest, einer wie er sei kein Diener des Fernsehens, sondern das Fernsehen sei ein dienendes Erzählinstrument.

Oliver Storz beharrte auf Respekt vor Themen und Figuren

Dass Storz mit dieser stolzen Grundauffassung weder Schindluder trieb noch Provokationsbeben auslösen wollte, dass er eher beharrlich auf ein paar Grundwerte pochte, auf gesellschaftliche Relevanz, auf Erkenntnisgewinn, auf Respekt vor Themen und Figuren, machte ihn erträglich für nicht immer von der Hochspannung ihres hehren Programmauftrags durchpulste Redaktionen.

Seit den frühen neunziger Jahren, spätestens seit dem Fernsehfilm "Drei Tage im April", der kurz vorm Ende des Zweiten Weltkriegs in einem schwäbischen Dorf spielt, auf dessen Bahnhof KZ-Häftlinge in Güterwaggons verschmachten, hat das Fernsehen diesen Mann groß als kreative Kraft herausgestellt. Er wurde gern als Elder Statesman des öffentlich-rechtlichen Selbstanspruchs hergezeigt.

Storz war ein Pragmatiker

Der Gelobte hat sich das gefallen lassen, auch wenn ihm klar war, dass da auch ein wenig Feigenblattbeschaffung betrieben wurde. Der am 30. April 1929 in Mannheim geborene, in Schwäbisch Hall aufgewachsene, eher für klassische Formen als für Erzählexperimente zu erwärmende Storz, der in den fünfziger Jahren als Kulturredakteur der Stuttgarter Zeitung gearbeitet hatte, war ein Pragmatiker. Solange die Fernsehgewaltigen ihm Freiräume ließen, durften sie sich in ihm auch selbst bespiegeln. Storz durfte oft mit den Freiheiten eines Produzenten agieren, etwa mit eigenen Entdeckungen und Wunschdarstellern wie Matthias Brandt arbeiten, der in dem Fernsehspiel "Im Schatten der Macht" (2003) Günter Guillaume, den Bespitzler seines Vaters Willy Brandt, gab.

Was Storz in seinen reifen Jahren relativer Freiheit vor allem wollte, das war, aus der Zeit seiner Jugend zu erzählen. Als Teil der Flakhelfergeneration hatte er jene Epoche miterlebt, die den Privatsendern ihre großen Event-Mehrteiler liefert. Dem Nazigruselpomp stand er misstrauisch gegenüber, er tadelte falsche Gewichtungen, Klischees und bedenkliche Gedankenarmut. Im Gegenentwurf wollte er mit Filmen wie "Gegen Ende der Nacht" und dem Roman "Die Freibadclique" ein anderes Bild von Krieg und Nachkriegszeit überliefern, wollte an das tatsächliche, nicht den heutigen Drehbuchregeln folgende Verhalten der einfachen Leute beim Hereingreifen der blutigen Geschichte ins kleine Private erinnern. Wenn sie einen schon machen lassen, mag sich Oliver Storz gedacht haben, dann muss man auch etwas machen!