Der Dienstag ist der Tag der Stars aus dem deutschen Team: Robert Harting, Fabian Hambüchen und Matthias Steiner stehen heute bei Olympia im Fokus. Und einige haben gute Chancen auf eine Medaille.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

London - Es ist angerichtet. Seit zehn Tagen geht es um Medaillen, und heute heißt es: Bühne frei für die Stars des deutschen Teams – für Robert Harting, Fabian Hambüchen, Matthias Steiner. Alle sind sie an diesem Dienstag dran, mit unterschiedlichen Chancen, von sehr gut (Harting/20.45 Uhr) über gut (Hambüchen/16.37 Uhr) bis mäßig (Steiner/20 Uhr) – aber sie werden im Zentrum des Interesses sein, ein deutscher „Super Tuesday“ sozusagen, wie der Brite sagen würde. Drei Stars, drei Geschichten.

 

Robert Hartings härtester Gegner neben ein, zwei Werfern sitzt in seinem linken Knie. Er hört auf den Namen Patellasehne, und Harting bekämpft ihn seit vielen Monaten erfolglos. Eine Operation im Herbst 2011 brachte nicht den gewünschen Erfolg. Aber Robert Harting hat keine Zeit, er kann jetzt nicht die Ursache bekämpfen, aber die Wirkung: die Schmerzen. „Schmerzmittel halten mich auf Kurs“, hat er am Anfang der Saison freimütig eingestanden. Und solange die Leberwerte nicht „exorbitant“ hoch seien, sei ja alles in Ordnung. Er schluckt die Pillen wie andere Hustensaft, alles für diese eine große Ziel, den Olympiasieg. „Ein kompletter Athlet bist du erst mit Olympia-Gold um den Hals“, sagt der Weltmeister.

Harting riskiert seine Gesundheit. Beim Krafttraining meldet sich das Knie, er hört weg, er betäubt den Schmerz. „Ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich werde über die Runden kommen. Jetzt geht es um die Eier.“ Und um Gold. 201 Zentimeter Willen, das ist Robert Harting. Ein Siegertyp, der für den Erfolg über die eigenen Gesundheit geht. Auf die Gefahr hin, später einen hohen Preis dafür zu zahlen. Nach London soll das Problem gelöst werden. „Da wird es sicher die große Lösung geben.“

Es ist anders. Vier Jahre sind vergangen. Fabian Hambüchen war in Peking auserkoren, das deutsche Gesicht der Spiele zu werden. Er wurde es nicht. Er war der Favorit auf Gold am Reck. Er wurde Dritter, nur Dritter, wie er selbst fand. Nun geht es wieder ans Reck, diesmal in London. Die Voraussetzungen sind andere. Er ist nicht mehr der Favorit, er ist nicht mehr alleine im deutschen Team, die Aufmerksamkeit verteilt sich, auch wenn er medial noch der Star ist. Dem deutschen Alpha-Turner der vergangenen Jahre ist nicht nur in Philipp Boy ein Rivale im eigenen Lager erwachsen, sondern auch noch in Marcel Nguyen.

Der Stuttgarter Marcel Nguyen hat Chancen am Barren

Nach Silber im Mehrkampf hat der Stuttgarter auch heute am Barren Chancen. Aber das ist ein Nebenkriegsschauplatz, der erstmal keine Rolle spielen wird. Hambüchens Gegner heißen Zou Kai (China) und Epke Zonderland (Niederlande). „Es ist ein verrücktes Finale. Jeder kann gewinnen. Das wird brutal“, sagt der 24-Jährige, der noch nicht weiß, welche Taktik er wählen wird: eine einfachere Übung, dafür möglichst perfekt. Oder eine riskantere Übung mit höherem Ausgangswert? „Ich werde das erst kurz davor entscheiden.“

Matthias Steiner ist der Star der Olympischen Spiele 2008 gewesen. Aus einem traurigen Anlass. Es war nicht allein das Gold im Gewichtheben, sondern es waren die Umstände, die ihn in die Riege der deutschen Sportstars katapultierte. Diese tragische Geschichte von Leben und Leiden, eine Geschichte, die das Leben geschrieben hatte. Mit Tränen in den Augen präsentierte er der Welt in Peking ein Foto seiner bei einem Autounfall verstorbenen Frau Susann. Bilder, die um die Welt gingen und heute noch für Gänsehaut sorgen. Wie er da auf der Bühne steht, Gold um den Hals, Blumen in der Hand, Tränen in den Augen, Susann im Kopf, ihr Bild vor sich. Emotionen pur.

Und Geschichte. Es ist viel passiert. Er wird heute kein Foto zeigen, er hat eine ehemalige TV-Moderatorin geheiratet, Inge Posmyk, die beiden haben einen Sohn, Steiner hat zugenommen und wiegt 150 Kilo (zuvor 145), und er ist nicht der Favorit auf Gold. Die Konkurrenz ist bärenstark. Im Herbst 2011 musste sich Deutschlands Sportler des Jahres 2008 einer Knieoperation unterziehen, seit Januar kann er wieder trainieren, aber auch danach plagten ihn in der Vorbereitung immer wieder Verletzungen und Krankheiten. Der gebürtige Österreicher ist nicht in der Verfassung von Peking, nicht physisch, nicht psychisch. Er sagt: „Die Leute haben an mir einen Narren gefressen. Ich liebe es, ein außergewöhnlicher Olympiasieger zu sein.“