Die Turnerin Sophie Scheder hat dem deutschen Olympia-Team eine weitere Medaille beschert. Am Stufenbarren holte die Chemnitzerin Bronze – mit dem besten deutschen Ergebnis seit fast 30 Jahren.

Rio de Janeiro - Sophie Scheder genoss den Moment nach der sauberen Landung mit geschlossenen Augen, bei Elisabeth Seitz kullerten die Tränen. Im deutschen Duell um die olympische Bronzemedaille am Stufenbarren setzte sich die Chemnitzerin Scheder hauchdünn um 0,033 Punkte vor ihrer Teamgefährtin durch. „Ich stand wie versteinert da und dachte: Oh scheiße, jetzt ist Eli Vierte“, sagte Scheder. „Aber das ist typisch für mich, ich denke immer zuerst an die anderen. Dann ist mir erst bewusst geworden, dass ich Bronze habe. Ich werde noch ein paar Tage brauchen, um das zu verarbeiten.“

 

Die 19-jährige Scheder erzielte mit 15,566 Punkten das beste Olympia-Ergebnis einer deutschen Turnerin an diesem Gerät seit 28 Jahren. 1988 in Seoul hatte die Berlinerin Dagmar Kersten für die DDR die Silbermedaille gewonnen. Seitz (15,533) musste mit dem undankbaren vierten Platz vorliebnehmen.

Vor der Entscheidung erlebten beide bange Sekunden, ehe die Wertung von Seitz als letzter Starterin auf der Anzeigetafel erschien. „Natürlich bin ich traurig. Ich gönne Sophie das von ganzem Herzen“, berichtete die Viertplatzierte, die sich über eine nicht-perfekte Übung ärgerte. „Es ist nicht schön, dass meine Verbindung nicht geklappt hat. Das ärgert mich und jetzt frage ich mich, ob sich der ganze Aufwand im Training gelohnt hat.“

Gold für Russland

Beide Athletinnen hatten glanzvoll ihre Übungen gezeigt. Es war die erste Medaille für die deutschen Turner bei den Spielen von Rio. „Wenn ich bedenke, dass wir mit optimalen Übungen in der Quali Fünfter und Sechster waren und jetzt sind wir Dritter und Vierter und wir haben eine Bronzemedaille gewonnen, das ist so gigantisch“, schwärmte Trainerin Ulla Koch. „Das ist so toll.“

Den Titel sicherte sich wie schon in London die Russin Alija Mustafina mit 15,900 Punkten vor Weltmeisterin Madison Kocian aus den USA (15,833).

Zuvor hatte US-Superstar Simone Biles am Sprung ihren dritten Olympiasieg in Rio geholt. Sie gewann mit zwei bestechenden Sätzen und 15,966 Punkten erneut haushoch vor der Russin Maria Paseka (15,266). Die Texanerin steuert nun dem ersten Fünffach-Triumph einer Turnerin bei Olympischen Spielen entgegen. In den kommenden Tagen gilt sie auch als Top-Favoritin am Schwebebalken und am Boden.

Oksana Chusovitina, die in Peking noch Silber für Deutschland erkämpfte hatte und in Bergisch-Gladbach lebt, konnte ihren schwierigen Produnowa-Sprung (Ausgangswert 7,0) nicht stehen. Bei ihrer siebten Olympia-Teilnahme - diesmal für Usbekistan - landete sie mit 41 Jahren auf Rang sieben. Sie verabschiedete sich in Rio mit Handküssen an das Publikum von den Turn-Podien.

Die meiste Stimmung unter den 10 000 Zuschauern herrschte jedoch nach dem Boden-Finale, in dem der Brite Max Whitlock (15,633) seinen ersten von zwei Olympiasiegen binnen zwei Stunden perfekt machte. Vor Freude weinten die beiden Lokalmatadoren Diego Hypolito und Artur Mariano über Silber und Bronze. „Brasil, Brasil“-Rufe dröhnten durch die Arena, aber auch unfaire Jubelstürme, wenn sich einer der Konkurrenten einen Fehler erlaubt hatte. Am Pauschenpferd machte der akurat und schwierige turnende Whitlock (15,966) seinen zweiten Sieg des Tages perfekt.

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