Gold, Silber, Bronze! Die Nordischen Kombinierer Johannes Rydzek, Fabian Rießle und Eric Frenzel feiern in Pyeongchang einen historischen olympischen Dreifacherfolg – und freuen sich schon auf die Staffel.

Pyeongchang - Wer am Dienstag das olympische Rennen der Kombinierer verpasst und erst bei der Siegerehrung zugeschaltet hatte, der stand vor einem Rätsel. Da hüpften drei Deutsche auf dem obersten Podest vor den Kameras der Fotografen auf und ab, lagen sich in den Armen, schrien ihre Freude hinaus. Aber gehören zu einer Staffel nicht vier Athleten? Natürlich. Doch der Teamwettbewerb steigt erst an diesem Donnerstag (8.30 Uhr und 11.20 Uhr/MEZ) – das Podium gehörte diesmal völlig zu Recht alleine dem Trio Johannes Rydzek, Fabian Rießle und Eric Frenzel. Ihnen gelang im Wettbewerb von der Großschanze ein historischer Dreifach-Erfolg, nach dem auch Hermann Weinbuch ein paar Tränen verdrückte. „Dieser Ausgang macht uns richtig stolz“, sagte der Coach mit reichlich Pathos in der Stimme: „Die Mannschaft ist wieder zusammengewachsen, nur deshalb war etwas so Großes möglich.“

 

Hermann Weinbuch, seit 22 Jahren im Amt, ist der erfolgreichste Bundestrainer des deutschen Wintersports, keiner sammelte mehr Medaillen als er. Und trotzdem hat er weniger zu sagen als ein Coach im Fußball oder Handball – zumindest, was die Taktik angeht. Hinter dem führenden Japaner Akito Watabe (Japan) hatten sich Frenzel (4./+ 24 Sekunden), Rydzek (5./+ 31) und Rießle (6./+ 34) auf der großen Schanze in Pyeongchang eine glänzende Ausgangsposition ersprungen. Weinbuch gab die Marschroute aus, den Rückstand zusammen aufzuholen, erst dann sollte jeder sein eigenes Rennen laufen.

Stolz auf das Team

Sicher, dass sich alle daran halten würden, konnte er sich jedoch nicht sein. „Die Kombination ist ein Einzelsport“, erklärte der Bundestrainer. „Ich kann nur einen Vorschlag machen. Was sie tun, entscheiden die Athleten selbst. Doch ich bin sicher: Wenn jeder für sich gearbeitet hätte, dann hätte es nicht gereicht.“ Hat es aber, da Eric Frenzel (29), Johannes Rydzek (26) und Fabian Rießle (27) gemeinsame Sache machten. Wie bei einem Radrennen wechselten sie sich in der Verfolgung ab, jeder leistete Führungsarbeit, keiner versteckte sich. „Niemand war sich zu schade, den anderen zu helfen“, meinte Rießle, der Schwarzwälder aus Breitnau. „Ich bin stolz auf dieses absolut geile Team.“

Nach etwas mehr als der Hälfte der 10-Kilometer-Distanz waren die drei Deutschen zur Spitzengruppe aufgelaufen, und es lag nahe, dass die Entscheidung wie beim Olympiasieg von Frenzel von der kleinen Schanze am letzten Berg fallen würde. Das schwarz-rot-goldene Trio attackierte fast gleichzeitig – und alle dachten an Sotschi 2014. Damals hatte ebenfalls eine Gruppe vorne gelegen, in der sich Rydzek und Rießle gegenseitig über den Haufen liefen und Gold verschenkten. „Oberstes Ziel war, sich nicht wieder gegenseitig abzuräumen“, sagte Rießle. Auch das ist gelungen.

Mit Herz und Power

Rydzek, Rießle, Frenzel – die Fantastischen Drei Auf der Zielgeraden hatte Rydzek das höchste Tempo, setzte sich vor Rießle und Frenzel durch. Nach der Ziellinie fielen sich die drei deutschen Dominierer in die Arme, vor allem Rydzek ließ seinen Emotionen freien Lauf. „Ich habe alles, was ich an Herz und Power hatte, in dieses Rennen gelegt“, sagte der viermalige Weltmeister von Lahti 2017. „Es ist ein unglaublicher Tag für uns und unsere Sportart in Deutschland.“ Erst recht, weil vor den Spielen wenig auf diesen Triumph hingedeutet hatte.

Das deutsche Team, das vergangene Saison alles abgeräumt hatte, lag in diesem Winter plötzlich hinter den Norwegern zurück. Vor allem auf der Schanze fanden die Topstars Rydzek und Frenzel nicht in die Spur. Noch vor drei Wochen, während des Triples in Seefeld, schaute Weinbuch beim Thema Olympia, als käme er gerade von einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt. Doch der Bundestrainer und seine Assistenten fanden das richtige Rezept. Beim folgenden Lehrgang in Oberstdorf wechselte Frenzel die Bindung, und auch Rydzek machte wenigstens den einen oder anderen guten Sprung. Das gab ihm genügend Selbstvertrauen, um nun den großen Coup zu landen: „Wir haben bewiesen, dass wir als Team Deutschland nie abzuschreiben sind.“

Ohne Freundin Lissy

Es schien, als sei eine riesengroße Last von Rydzek gefallen. Noch in Seefeld war er ein Kombinierer auf der Suche nach Form, Kraft und Lust. Nun ist die alte Energie zurück. „Beim Lehrgang vor Olympia hat sich die Verkrampfung gelöst“, erklärte der Oberstdorfer, „so ein Rennen habe ich mir erträumt.“ Umso größer war die Freude – obwohl seine Freundin Lissy den Triumph nicht miterleben konnte. Die angehende Lehrerin war zwar in Südkorea, schaute sich das Rennen aber am Flughafen an: Sie muss an diesem Mittwoch wieder in der Schule sein. „Das ist blöd gelaufen“, meinte Rydzek. „Sie ist sicher tausend Tode gestorben.“

Dafür stehen die deutschen Kombinierer voll im olympischen Leben. Zwei Rennen haben sie in Pyeongchang schon gewonnen, nun soll auch noch das dritte Gold her. In der Staffel. Vinzenz Geiger, in den beiden Einzeln Neunter und Siebter, wird das deutsche Team komplettieren. „Wenn wir unser Ding machen, sind wir nur schwer zu schlagen“, meinte Rydzek. Und Geiger erklärte: „Wir müssen nur unsere Leistung bringen, dann sind wir auf jeden Fall ganz vorne dabei.“ Er auch.

Als vierter Mann auf dem Podest.