Sportdirektor Thomas Schwab vom BSD „Wir sind der Gigant unter den Zwergen“
Der Sportdirektor Thomas Schwab spricht über die erfolgreiche Arbeit im Eiskanal und die wirtschaftliche Situation des Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD).
Der Sportdirektor Thomas Schwab spricht über die erfolgreiche Arbeit im Eiskanal und die wirtschaftliche Situation des Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD).
Yanqing - Auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD) ist in Peking wieder Verlass. Zwölf Medaillen haben sie bereits geholt. Nicht einmal der Sportdirektor Thomas Schwab hat mit dieser Ausbeute gerechnet – er kennt aber die Gründe.
Herr Schwab, wie gut haben Sie hier in China geschlafen? Gab es keine Partys?
Ich habe ausgezeichnet geschlafen (lacht). Gefeiert wurde nicht, während Olympia ist alle Tage etwas geboten. Nach jedem Wettkampf stehen am folgenden Morgen schon wieder Trainingsläufe auf dem Plan, es sind ja drei Disziplinen, die sich über die Spiele erstrecken. Das ist Stress.
Sie sind froh, wenn die Schlussfeier war?
Froh? Wenn ich wieder daheim bis, kann ich nicht ausspannen, da muss viel auf- und nachgearbeitet werden bis in den Juni. Und dann steht die Verbandsarbeit an, es geht um die Neuausrichtung, es finden Sitzungen und Versammlungen statt, es sind Trainer- und Sponsorenverträge zu machen.
Wie war das Medaillenziel für Peking?
Das grobe Ziel lautete, in jeder Disziplin eine Medaille zu holen.
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Die haben Sie weit verfehlt. In Peking steht die Bilanz bei 6-4-2 (Gold, Silber, Bronze), und es stehen noch zwei Bob-Entscheidungen an. Die Bilanz ist schon jetzt besser als vor vier Jahren.
Das hätte ich, ehrlich gesagt, nicht für möglich gehalten. Wir versuchen, alles so akribisch wie möglich zu planen und die Leistung zu steuern. Wir haben Kompetenzteams aus Trainern und Sportwissenschaftlern für jede Disziplin, die haben sich im Dezember zusammengesetzt und ein Olympia-Vorbereitungsseminar abgehalten. Da ging es um die Rahmenbedingungen, ums technische Material, darum, die Athleten in Topform zu bringen, um die spezifischen Tücken der Bahn für jede Disziplin. Das haben wir 2018 zum ersten Mal gemacht, das hat sich sehr bewährt. Das sind lauter kleine Bausteine für den Erfolg – aber natürlich brauchst du auch das Glück. Es hat alles wirklich sehr gut gepasst.
Sind die Deutschen noch besser oder die anderen schlechter geworden?
Ich sehe schon, dass die eine oder andere Nation stagniert – das ist nicht unser Problem. Es gibt eben Strecken, da kommen wir weniger gut zurecht und solche wie die Olympiabahn, da kommen wir sehr gut zurecht.
Bob, Rodeln, Skeleton, da kommt es auch auf den technisch besten Schlitten an. Würden Sie sagen, Ihr Verband ist finanziell gut ausgestattet?
Ja, wir sind so ausgestattet, dass wir das umsetzen können, was uns vorschwebt. Wir haben eine gute Bundesförderung, zudem haben wir viele Projekte, die wir selbst finanzieren oder wir da auf Unterstützung unserer Premiumpartner zurückgreifen können. Wir haben mit BMW einen Startschuh für die Bobfahrer und Skeletoni entwickelt, der hier zum Einsatz kommt. Ebenso haben wir mit BMW eine Simulation der Bahn entwickelt, damit die Athleten sie abfahren konnten, ohne in Peking zu sein. Weiter haben wir mit unserem Technologiepartner eine Simulationen für die Kufen der Rodler entwickelt, was uns gut gelungen ist. Und dann ist da das FES, das uns sehr gute Bobs hinstellt – für die anderen beiden Disziplinen bekommen wir vom FES die Grundmaterialien, wie wir sie benötigen, die wir dann vor Ort zusammen mit unseren Technikern den Bedingungen anpassen. Das ist sehr gutes Technikpaket, auf das unser Verband zurückgreifen kann.
Es kursiert im Internet eine Zahl, der BSD würde jährlich insgesamt 60 Millionen Euro an Förderung erhalten.
Das ist völliger Schwachsinn. Wir bekommen jeweils 2,5 Millionen Euro für das Leistungssportpersonal und den Sportbetrieb. Für unsere Trainingsstätten sind es jeweils 400 000 Euro für Oberhof, Winterberg und Altenberg, Königssee erhält mit der Turnhalle und dem Verwaltungsgebäude 440 000 Euro. Wenn Sie das zusammenrechnen, kommen keine 60 Millionen raus. Solche Zahlen ärgern mich gewaltig, weil sie nicht stimmen. Und es kommen 4,5 Millionen Euro aus Verbandsmitteln dazu, die wir auch in den Sport investieren. Wenn wir nicht wirtschaftlich arbeiten und nichts verdienen, wenn wir nicht solch hervorragende Sponsoren hätten, könnten wir den Betrieb so nicht aufrechterhalten. Wir sind gut ausgestattet, aber auch, weil wir uns selbst gut vermarkten. Wir wurden einmal bezeichnet als der „Gigant unter Zwergen“.
Inwiefern wurde der BSD gewürdigt?
Es ging um die Qualität unserer Sponsoren, da sind schon ein paar namhafte Kaliber dabei, und um die Qualität der Zusammenarbeit, also wie wir miteinander umgehen, welche Projekte umgesetzt werden. Es nützt doch keinem etwas, wenn wir nur einen Propeller an die Wand nageln und uns alle drüber freuen, das bringt dem Partner nichts und uns auch nicht. BMW braucht uns nicht, um bekannt zu werden, und die Deutsche Post auch nicht. Also gibt es doch wohl Aktivitäten, die diese Partner äußerst zufriedenstellen. Da muss man kreativ sein.
Wie sehr sind die Sportler in diese Aktionen eingebunden?
Die sind voll dabei. Gerade bei unseren Sponsoren gibt es Leute, die es sehr schätzen, dass wir Stars zum Anfassen haben, die allürenfrei sind und sympathisch rüberkommen. Die Partner wissen, dass sie nicht so viel Geld reinpumpen müssen wie etwa im Fußball, und doch besteht eine hohe Identifikation zwischen unseren Sportlern und den Unternehmen.
Leider sind Olympische Spiele nur alle vier Jahre, bei denen diese Sportarten im Fokus stehen.
Das kann man so nicht sagen, wir sind jedes Wochenende mit unseren drei Sportarten gut im Fernsehen präsent. Wenn wir da jammern würden, wäre das auf hohem Niveau – wir müssen uns nicht beschweren, auch wenn die einzelnen Disziplinen immer gerne mehr hätten. Wenn man als BSD die gesamte TV-Präsenz zusammenrechnet, dann sage ich: Ruhe bewahren, es ist alles gut.
Wie wichtig ist denn das Material? Ist der Schlitten wichtiger als der Fahrer?
Auf keinen Fall. Wenn der Rodler einen kleinen Fehler macht, ist er weg, da kann der Schlitten sein, wie er will. Und im Bob wusste jeder, im dritten Lauf fällt die Entscheidung – und da haben dann der Francesco und der Thorsten (Pilot Friedrich, Anschieber Mathis, d. Red.) noch einen obendrauf gesetzt. Am Ende entscheidet immer der Athlet.
Der Österreicher Benjamin Maier (Platz fünf, d. Red.) wäre im Bob von Friedrich also nicht Olympiasieger geworden?
Er wäre vielleicht einen Tick besser gewesen und hätte eine Chance auf Bronze gehabt, aber Gold hätte er damit nicht gewonnen.
Blick nach vorne: Es dürfte schwer werden, in Cortina 2026 die Bilanz von Peking zu toppen, oder?
Ich befürchte, das wird uns wohl nicht gelingen. Aber wir werden auch dort demütig an unsere Aufgaben herangehen. Olympische Spiele sind nun mal kein Wunschkonzert.