Olympia 2022 Was Bob-Dominator Francesco Friedrich so schnell macht

Deutscher Dreifach-Triumph – mit Olympiasieger Francesco Friedrich (3. v. li.). Foto: dpa/Michael Kappeler

Die deutschen Bobpiloten haben in Peking einen historischen Dreifach-Triumph gefeiert. Einer stach mal wieder heraus: Francesco Friedrich. Wir erklären, was den nun dreifachen Olympiasieger so stark macht?

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Yanqing - Zwei Dinge sollte man wissen, wenn man Bobfahren während Olympia im Fernsehen einschaltet. Erstens: Francesco Friedrich wird in der Szene ausschließlich „Franz“ genannt. Zweitens: Francesco Friedrich gewinnt so ziemlich jedes Rennen im Zweier wie im Vierer. Kombiniert man dieses Grundwissen wie in der Arithmetik eins plus eins, erhält man folgendes Resultat: Franz, also Francesco Friedrich, hat bei den Olympischen Spielen 2022 in Yanqing die Goldmedaille im Zweierbob gewonnen – zusammen mit Anschieber Thorsten Margis.

 

Es war nicht nur der Triumph von König Franz, sondern auch der seines Gefolges. Auf Platz zwei landete auf der Bahn in Yanqing sein ständiger innerdeutscher Rivale Johannes Lochner aus Berchtesgaden, der seit Jahren unter der Flagge des BC Stuttgart-Solitude startet; hinter dem 31-Jährigen saß Florian Bauer. Bronze ging fast ein wenig überraschend an Pilot Christoph Hafer und seinen Beifahrer Matthias Sommer.

Nachfolger von Gustav Weder und André Langen

„Wir sind extrem glücklich. Wir wollten nochmal kontern, nachdem wir gestern etwas verloren hatten. Es ist genauso gelaufen, wie wir wollten“, sagte der 31 Jahre alte Friedrich, der den Sieg mit Bahnrekord von 58,99 Sekunden holte. „Ich bin extrem stolz darauf, dass wir als Einzige unter 59 Sekunden geblieben sind.“

Nur zwei Bob-Piloten haben zweimal in Folge Olympia-Gold im Zweier gewonnen – der Schweizer Gustav Weder 1992 und 1994 sowie André Langen (Ilmenau) in Turin 2006 und in Vancouver 2010. Das Gespann Friedrich/Margis hat in den vergangenen zwei Weltcup-Saisonen nur zwei Rennen verloren und war dabei etwas mehr als ein Jahr ungeschlagen, ehe der Russe Rostislaw Gaitjukewitsch ihn am Neujahrstag 2022 in Sigulda besiegte. Die Niederlage vor der Serie der Unbesiegbarkeit fügte ihm Lochner im Dezember 2020 in Innsbruck zu.

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„Wir haben sehr viel gearbeitet in den vergangenen drei Jahren, unter Coronabedingungen ist das nicht leichter geworden“, sagte Lochner. „Aber jetzt haben wir gezeigt, wo wir hingehören.“

Das Erfolgsgeheimnis des Sachsen Friedrich ist eigentlich nichts, auf das man nicht selbst mit etwas Nachdenken kommen könnte – der Mann ist ein Sportler, der ganz in seiner Arbeit aufgeht und dabei so wenig wie nur möglich dem Zufall überlässt. Eine Anekdote verdeutlicht seine Einstellung. Nach einem Weltcup-Erfolg auf der Bahn in Igls bei Innsbruck hätte Friedrich mit seinem Team am Abend noch ein wenig feiern können, um am nächsten Tag entspannt nach Hause zu fahren. Doch der Chef wollte keinen „Tag für die Vorbereitung auf Peking verplempern“, also brachen er und seine Mannschaft gleich nach der Siegerehrung gen Deutschland auf.

Lob von Bundestrainer René Spies

„Franz ist jemand, der unfassbar akribisch arbeitet“, verrät Bundestrainer René Spies jedem, der ihn auf den erfolgreichsten deutschen Bobfahrer und 13-maligen Weltmeister anspricht, „ich kenne keinen anderen, der alle Facetten unserer Sportart so professionell bedient. Von der Athletik über das Training im Eiskanal bis zum Kümmern um das beste Material.“ Beim Material setzt Friedrich zum einen auf seine ausgeprägte Eigenschaft des Tüftelns und Testens, doch in einer Branche, in der es auf Sekundenbruchteile, Fahrphysik und Materialbeschaffenheit ankommt, genügt es nicht, sich in einer mit Werkzeug gut ausgestatteten Garage intensiv mit den verschiedenen Parametern zu beschäftigen.

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Die unabdingbare wissenschaftliche Unterstützung kommt aus Berlin, aus dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES). „Das FES ist extrem wichtig, weil wir die Sicherheit haben, dass diese Schlitten kein anderer auf dieser Welt fahren kann“, erzählte der Olympiasieger einmal, „da haben wir schon einen kleinen Vorteil.“ Nicht nur Bob und Kufen müssen höchsten Ansprüchen genügen – auch die menschliche Komponente. Die Trainingswerte der Anschieber um Thorsten Margis werden erfasst und regelmäßig ausgewertet, damit jeder im Team weiß, woran er an sich noch zu arbeiten hat. Das Ziel: Den Bob zur höchstmöglichen Geschwindigkeit anschieben und bei mehr als 35 Kilometer pro Stunde schnell und möglichst geschmeidig einsteigen.

Was den Erfolg von Francesco Friedrich sonst noch ausmacht, nennt Bundestrainer Spies den „Killerinstinkt“. Den kann man weder antrainieren noch mit wissenschaftlichen Methoden herbeiführen – den trägt man in sich oder eben nicht. Und damit sind wir wieder beim Anfang der Geschichte. Der Franz hat diesen Killerinstinkt. Und deshalb gewinnt er. So gut wie immer.

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