Der Berliner Senat beschließt nach dem Willen des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit die Bewerbung für die Olympischen Spiele – der unklare Bürgerwille wird zum politischen Risiko.

Berlin - Im Entscheiden ist man in Berlin nicht zögerlich, auch wenn es dann mit der Umsetzung manchmal so eine Sache ist – der rot-schwarze Senat jedenfalls hat am Dienstag Kurs auf das nächste Großprojekt genommen. Berlin wird sich – gegen Hamburg – um die Olympischen Spiele bewerben. Berlin hatte sich zuletzt in den 90ern um Olympia beworben und war kläglich gescheitert.

 

Der erste Schritt für das neue Verfahren ist das nationale Interessenbekundungsverfahren des Deutschen Olympischen Sportbundes für die Sommerspiele und die Paralympics entweder 2024 oder 2028. Der Senat beauftragte den CDU-Sportsenator Frank Henkel, bis zum Stichtag am 31. August den umfangreichen Fragenkatalog des DOSB zu beantworten. Zeitgleich hat der Sportbund die insgesamt 13 Fragen auch Hamburg vorgelegt – auch dort stehen die Zeichen auf Bewerbung.

Beide Städte haben allerdings politisch ein ähnliches Problem: sie müssen um die Akzeptanz des Projekts bei den Bürgern bangen. Wie Berlin mit seinem Großflughafen so leidet Hamburg mit der Elphilharmonie ebenfalls unter einem schlingernden, milliardenfressenden Großprojekt.

„Wir brauchen natürlich eine Akzeptanz in der Bevölkerung“

In Hamburg hat sich die Bürgerschaft mit den Stimmen der Opposition entschieden, eine ergebnisoffene Studie zu Olympia zu fertigen. In Berlin reicht dem Senat erst mal sein eigener Beschluss. Schon zuvor hatte Wowereit in Interviews erklärt, die Stadt werde sich bewerben. Die Schwierigkeiten sprach er an: „Es kostet viel Geld, und wir brauchen natürlich auch eine Akzeptanz in der Bevölkerung.“ Allerdings werde man nie erreichen, dass alle jubelten. Wowereit betonte auch, es handele sich um eine nationale Bewerbung, Unterstützung aus dem Bund sei nötig.

Wie die Berliner zu der Idee stehen, ist derzeit nicht leicht einzuschätzen. In Umfragen gab es sowohl Mehrheiten für als auch gegen die Spiele. Kritiker werfen dem Senat bereits jetzt vor, dass er sich erst bewerben und erst anschließend die Bürger befragen will.

Die Kritik ist insofern berechtigt, als dass eine Frage im Katalog des DOSB lautet: „Wie steht die Bevölkerung zu der Bewerbung? In welcher Weise würden Sie sich der Zustimmung einer Mehrheit der Bevölkerung in Ihrer Stadt und in ganz Deutschland versichern?“ Diese Frage wird Berlin beantworten müssen, ohne dass eine Einschätzung bei den Bürgern hätte eingeholt werden können. In dem Senatsbeschluss heißt es dazu, die Unterstützung der Bevölkerung für eine Bewerbung sei unabdingbar. „Die Ideen, Bedenken und Wünsche der Berlinerinnen und Berliner müssen in einen möglichen Bewerbungsprozess einfließen. Dazu sollen neue Formate der Bürgerbeteiligung entwickelt werden“, erklärte Henkel am Dienstag.

Der Fragenkatalog zu Olympia ist umfangreich

Politische Wortschöpfer haben ihre Kreativität bereits mit Formulierungen wie der von einer „Bürgerolympiade“ oder von „Bürgerspielen“ unter Beweis gestellt. Wie genau die Beteiligung allerdings aussehen soll ist unklar.

Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh hat – in Reaktion auf den gescheiterten Volksentscheid zum ehemaligen Flughafen Tempelhof – vorgeschlagen, die Landesverfassung zu ändern und eine Bürgerbefragung zu ermöglichen. Bisher lässt das Gesetz nicht zu, dass die Regierung eine solche Befragung auslöst. Der ehemalige SPD-Sportsenator Klaus Böger hat sich für eine Bürgerbefragung Ende 2015 ausgesprochen.

Zunächst einmal hat Berlin einiges damit zu tun, den Fragenkatalog rechtzeitig zu beantworten, er ist ziemlich ausführlich. Der DOSB fragt beispielsweise nach Standortkonzept, Wettkampf- und Trainingsstätten, einem Olympischen Dorf und Investitionskosten für olympische Sportstätten. Seine Grundsatzentscheidung wird er am 6. Dezember fällen.