Wann immer es bei den Deutschen nicht so hinkommt, geht gleich das halbe Land unter. Die Briten hingegen, auch Nicht-Sportler, laufen in solchen Momenten zu ziemlicher Hochform auf.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Matt Slater von der BBC schreibt täglich ein paar kleine olympische Vignetten, und natürlich ist ihm aufgefallen, dass die Gastgeber insgesamt nicht ganz unglücklich wären, wenn nicht immer nur die Chinesen und die USA oben auf der Treppe stünden. Slater erzählt die ganze Geschichte aber lieber indirekt. Da gibt es den einen Freund, der noch tagelang nicht vergessen kann, dass der letzte Privatfreizeitkick hinter der Turnhalle verloren gegangen ist. Und da gibt es den anderen, der sich nie für das Ergebnis, wohl aber für die Ästhetik des jeweiligen Spiels und der Spiele an sich interessiert. Man kann ihm mit allem kommen, so lange die Bewegung stimmt. Hat er nicht Recht?

 

Auch Sport, um Duke Ellington abzuwandeln, hat nur wirklich was, wenn es swingt. Slaters Verfahren, die Goldhungrigen im Publikum ein wenig zu beruhigen, ist aber auch aus Vergleichsgründen interessant. Hierzulande nämlich scheint ja unter den selbsternannten Medaillensammlern schon wieder teils großes Heulen und teils noch größeres Zähnefletschen ausgebrochen. Man wagt schon fast nicht mehr, Bäckereien zu betreten, die Boulevardzeitungen anbieten. Insofern: Dank der Fechterin Britta Heidemann, deren Namen, obwohl Gewinnerin bereits in Peking, 99,9 Prozent der deutschen Bevölkerung vorher eher weniger gekannt haben dürften. Aber auch seriöse deutsche Medien haben bereits richtig mit dem Schimpfen ob mangelnder Ausbeute angefangen und tun so, als ob das Deutsche Haus in London brenne.

Im Deutschen Haus treffen sich Sportler, Funktionäre, Sponsoren vor allem - und Journalisten. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat, in heiligem Ernst, diesmal als zweite Heimstatt das Kreuzfahrtschiff MS Deutschland gebucht. Es liegt vor Canary Wharf. Ein größerer Dampfer konnte auf die Schnelle nicht gefunden werden. Passt gerade noch ins Hafenbecken. In ihrem gleichzeitig unterhaltsamen wie lehrreichen, kurz: sehr britischen Buch „Watching the English“ (Hodder Paperback) erzählt Kate Fox, wie man mit Katastrophen, die keine sind, am besten umgeht. Umfassend berichtet da jemand von einem Besuch in einem furchtbaren Restaurant: heruntergekommen im Äußeren, schlechtes Essen, ruppige Bedienungen. Eine Tirade. Epische Länge. Kurz und extra dry kommentiert der britische Gesprächspartner: „So, you wouldn’t recommend it, then?“ Die Antwort gilt definitiv mit fürs schwimmende Deutsche Haus. Aufkreuzen in dieser Form ist, in London wie anderswo, generell nicht zu empfehlen.