Wasserballer haben den Ruf als besondere Raubeine weg. Auch der kultivierte Sportler Friedrich Torberg konnte zupacken, wenn es drauf ankam - und erwarb sich somit nicht nur als Schreiber Respekt.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Serbien gegen Montenegro und überhaupt Wasserball neben der der Schwimmhalle im Aquatic Center: Da braucht man nicht groß reden. Das ist heftig. Was im speziellen Fall zum einen daran lag, dass sich die Serben und die Montegriner teils besonders gut kennen, weil sie bis 2006 gemeinsam in einer Mannschaft gespielt haben, eben für Serbien. Dann wurde Montenegro selbstständig, und nun schwammen auf einmal die ehemaligen Freunde als Gegner umeinander. Da weiß man natürlich, wann man wo besonders zulangen muss. Und wie!

 

Wasserball ist nun mal von Hause aus eine Kontaktsportart. Den Gegner mit einem Brustklammergriff hinterrücks unterzutauchen (umgangssprachlich ducken, döppen, tunken, zoppen – Sie dürfen sich’s aussuchen), was natürlich verboten ist, gehört dabei noch zu den feineren angewandten Mitteln. Der Rest tut wesentlich mehr weh. Wasserballer in der Schwimmbad-Umkleidekabine sind oft an großen blauen Flecken an den Extremitäten zu erkennen. Der bekannteste Wasserballer unter den Schriftstellern dürfte der Wiener Friedrich Torberg gewesen sein, dem das Leben nicht nur einen Wechsel der Landesfarben, sondern überhaupt für lange Zeit permanenten Umzug verordnete. Torberg, der unter Pseudonym schrieb und eigentlich, sehr schön schon, Friedrich Kantor hieß, musste mit 25 Jahren 1933 emigrieren, erst nach Zürich, dann nach Paris, schließlich über Spanien und Portugal nach Amerika.

Vor seiner Emigration schrieb Torberg, der bereits früh Literatur publizierte („Der Schüler Gerber“), für das Prager Tagblatt: und zwar für das Feuilleton, das von Franz Kafkas Freund und Herausgeber Max Brod geleitet wurde – und für den Sport. Das hatte Gründe. Denn Torberg war selber Sportler - und zwar nicht irgendeiner, sondern Wasserballer, und auch nicht irgendeiner, sondern hoch dekoriert. Auch das hatte Gründe. Torberg war mit dreizehn Jahren bei der berühmten Wiener Hakoah eingetreten, dem großen jüdischen Verein. Allerdings wollten sie ihn als Fußballer nicht, weil in der Abteilung gerade ein Aufnahmestopp galt. Nur die Wasserballer waren willig. Torberg dachte um. Als er allmählich ein patenter Wasserballer war, arbeitete er bereits in Prag und wechselte zur dortigen Hagibor. 1928 war er Mitglied der ersten jüdischen Mannschaft, die in der Tschechoslowakei zu Meisterehren kam. Er erinnerte sich später nicht mehr an jede Einzelheit, wohl aber, dass der Gegner PTE Bratislava war, die ein paar in Ungarn ausgebildete Spieler von höchster Qualität in ihren Reihen hatten. Torbergs Team gewann trotzdem, und so viele Schriftsteller hat es nicht gegeben, die im Sport nationaler Meister geworden sind. Torberg warf beide Tore. „Es war“, schrieb er später, „glaube ich, der schönste Tag meines Lebens“.