Das IOC hat erklärt, keinen Plan B zu den Spielen in Südkorea zu haben. Gibt es wirklich keine Alternative?
Ich sehe keine, die in der zur Verfügung stehenden Zeit umsetzbar wäre.
Sotschi war im Gespräch, München auch.
Nicht mal in absolut etablierten Gebieten oder hoch professionellen Weltcup-Standorten, wie wir sie in Deutschland haben, könnten Olympische Spiele in vier Monaten organisiert werden. Und dabei denke ich nicht an die Sportstätten, das wäre vielleicht noch machbar. Im Gegensatz zu den Unterbringungsmöglichkeiten. Olympische Spiele haben da eine riesige Dimension. Und es gibt noch einen anderen Punkt.
Welchen?
Sie können doch, nicht nur wegen der vielen vertraglichen Verpflichtungen und drohender Regressforderungen, Pyeongchang die Spiele jetzt nicht einfach wieder wegnehmen – dieses Szenario ist aus meiner Sicht ausgeschlossen.
Angenommen, die Winterspiele in Südkorea finden ganz normal statt. Wie viele russische Athleten werden dort am Start stehen?
Da wage ich keine Prognose. Ich hoffe aber, dass es nur saubere Sportler sein werden, die im Vorfeld auf vergleichbar hohem Niveau kontrolliert worden sind, wie dies bei uns in Deutschland der Fall ist. Das ist die Messlatte – für die Teilnehmer aller Nationen. Nicht nur für die Russen.
Die aber eine eigene Geschichte haben. 2014 ist bei den Olympischen Spielen in Sotschi massiv betrogen worden, sogar unter Mithilfe des Geheimdienstes. Noch hatte dieses staatlich gesteuerte Dopingsystem keine Konsequenzen für den russischen Wintersport.
Das ist richtig. Ich hoffe, dass die beiden IOC-Kommissionen, die mit dem Thema befasst sind, sich innerhalb der nächsten Wochen in irgendeiner Form dazu äußern, wie die Vorgänge rund um das Team Russland zu werten und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Das muss rechtzeitig vor den Winterspielen in Pyeongchang klar sein. Es darf nicht wie bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro eine mit heißer Nadel gestrickte Entscheidung sein, sonst gibt es wieder ähnliche Irrungen und Wirrungen.
Was bedeutet rechtzeitig?
Unsere Forderung war: spätestens im Herbst 2017. Und wenn ich zum Fenster hinaus und auf die Bäume schaue, dann ist der Herbst nicht mehr weit.
Wie müsste aus Ihrer Sicht eine konsequente Antwort auf den russischen Dopingskandal ausfallen?
Das kann ich erst beantworten, wenn die unabhängigen Kommissionen jetzt endlich ihre Ergebnisse vorlegen. Bisher gibt es noch höchst widersprüchliche Thesen darüber, was in Sotschi wirklich passiert ist. Derzeit kann ich mir noch kein Urteil erlauben.
Wie unabhängig ist eine IOC-Kommission?
Diese Frage wäre positiv beantwortet, wenn alsbald Ergebnisse vorgelegt werden. Ansonsten schwindet mein Vertrauen wie das vieler anderer, die im Sport Verantwortung tragen.