CDU-Politiker diskutieren mit Vertretern der Ärzteschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung über die Impfstrategie.

Kreis Böblingen - Nur 218 aktive Coronafälle und eine Sieben-Tage-Inzidenz von 53 Infektionen pro 100 000 Einwohner – diesen neuen Tiefpunkt hat das Landratsamt am Montagnachmittag für den Kreis Böblingen vermeldet. Damit ist der magische Inzidenz-Wert von 50 ganz nah, der von der Bundesregierung als Ziel und damit auch als Bedingung für ein Ende des zweiten Lockdowns ausgegeben wurde.

 

Lesen Sie hier: Alle News zur Corona-Pandemie Eine Entwicklung, die auch von Ärzten und Politikern im Kreis begrüßt wird. Dennoch: „Der einzige Weg raus aus der Pandemie ist die Impfung.“ Wortgleich formulierten diesen Satz Hans Joachim Rühle, Chef der Kreisärzteschaft Böblingen, und der CDU-Landtagskandidat Matthias Miller (Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen) bei einer Online-Diskussion der CDU mit verschiedenen Medizinern am Wochenende. Eingeladen hatten neben Miller auch die Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz, Kandidatin im Wahlkreis Leonberg-Weil der Stadt, sowie der Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz.

Arzt: Impfstoff so schnell wie möglich an Praxen verteilen

„Wir haben jetzt drei zugelassene Impfstoffe nach einem Jahr Pandemie. Wer hätte das vor sechs Monaten gedacht?“, meinte Biadacz. „Die Bereitschaft der Bürger, sich impfen zu lassen, hat zugenommen. Aber vor allem, weil die Belastung durch die Pandemie gestiegen ist“, meinte Rühle, der niedergelassener Arzt in Sindelfingen ist. Er bezeichnete die derzeitigen Erwartungen ans Impfen aber als unrealistisch.

Auf dem Weg zu einer Durchimpfung der Bevölkerung sieht er die Hausärzte an vorderster Front. Man habe jetzt mit den Präparaten von Moderna und Astra Zeneca zwei zur Verfügung, die problemlos in den rund 8000 Praxen der niedergelassenen Ärzte in Baden-Württemberg verabreicht werden könnten. „Die Impfstoffe müssen sobald wie möglich an die Praxen verteilt werden“, sagte Rühle. Und zwar in drei bis vier Wochen.

Grippeimpfung beim Hausarzt als Vorbild

Das befürwortete auch Annette Theewen, die Pandemiebeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung im Kreis ist. „In Deutschland werden in jedem Herbst 20 Millionen Grippeimpfungen innerhalb von vier bis sechs Wochen verabreicht, ohne dass das groß auffällt“, erklärte sie. „Wenn wir diesen Weg gehen, haben wir das schnell erledigt.“ Das Einzige, was dem im Wege steht, ist die Menge an Corona-Impfstoff, die verfügbar ist. Derzeit werden in Baden-Württemberg täglich um die 8000 Erstimpfungen durchgeführt (bislang 225 000). Nur 5500 Menschen haben bereits die zweite Spritze bekommen.

Theewen lobte die Impfstrategie im Kreis Böblingen. „Es war eine gute Entscheidung,zuerst in den Heimen zu impfen und zudem andere Personen der Priorität eins“, sagte die Allgemeinmedizinerin. „Wenn wir die Gesundheitsversorgung aufrecht erhalten wollen, brauchen wir gesunde Krankenschwestern und Intensivpfleger.“

Gute Zusammenarbeit zwischen Kreis und Ärzten

Auch Timo Hurst, Chef der Kreisärzteschaft Leonberg, zeigte sich mit der Arbeit des Landratsamtes in der Pandemie zufrieden. „Man ist sehr schnell auf die Ärzte zugegangen. Innerhalb kürzester Zeit gab es zwei Testzentren und alle Pflegeheime wurden durchgetestet“, erinnerte er an das Frühjahr. Dies geschah unbürokratisch und bevor dies bundesweit ein Thema gewesen sei.

Hurst führte aber auch aus, wie die Bürokratie den niedergelassenen Ärzten zu schaffen macht. So sei allein für einen PCR-Test ein zweiseitiges Formular auszufüllen. „Das ist eine Zumutung“, sagte er. Als Neurologe ging er kurz auf die Folgen der Corona-Einschränkungen ein. „Die psychischen Folgen sehen wir jetzt schon. Und es sind mehr, als die Mehrheit der Menschen wahrhaben will“, sagte der Leonberger Arzt.

Diskussion online abrufbar

Mehr als anderthalb Stunden dauerte die Diskussion, in der viele Fragen zur Impfung gestellt und beantwortet wurden, aber auch zu Schnelltests und dem Lockdown. In der aber auch die Ärzte die Chance nutzten, von den Politikern Hilfe und Entlastung einzufordern. Wer sich die ganze Diskussion ansehen möchte, findet den gespeicherten Livestream auf der Facebookseite von Marc Biadacz.