Harry Wörz und seine Freunde haben eine Online-Petition zur Wiederaufnahme der Ermittlungen gestartet. Das Justizopfer aus dem Enzkreis war wegen versuchten Totschlags an seiner Exfrau, einer Polizistin, viereinhalb Jahre lang unschuldig in Haft.

Stuttgart - Harry Wörz hat neuen Mut geschöpft. Der 47-Jährige aus Birkenfeld-Gräfenhausen (Enzkreis) erfuhr nach der Ausstrahlung des SWR-Spielfilms „Unter Anklage: Der Fall Harry Wörz“ und der anschließenden Diskussion bei Anne Will in der ARD viel Zuspruch von den Zuschauern. Deutschlands wohl bekanntestes Justizopfer hatte viereinhalb Jahre wegen versuchten Totschlags an seiner Frau, einer Polizistin, im Gefängnis gesessen. Die Frau überlebte 1997 mit irreparablen Schäden, sie kann sich nicht mehr mitteilen. Wörz hingegen wurde erst nach einem Marathon durch die gerichtlichen Instanzen am 15. Dezember 2010 rechtskräftig freigesprochen. Bald 17 Jahre nach dem tragischen Vorfall aber kämpft Wörz, selbst psychisch angeschlagen, immer noch um eine Entschädigung.

 

Nun haben ihn die unzähligen Reaktionen der Zuschauer darin bestärkt, nicht nur in der Opferrolle zu verharren, sondern zu versuchen, die Klärung dieses ungelösten Kriminalfalls voranzutreiben. Viele Zuschauer sahen ihr Vertrauen in Polizei und Justiz erschüttert ob der einseitigen Ermittlungen mit vielen Fehlern und Pannen. Andere wiederum zeigten sich fassungslos, dass die Staatsanwaltschaft inzwischen sämtliche Ermittlungen eingestellt hat. Drei Jahre lang hatte sie nach dem Freispruch von Wörz den damaligen Freund seiner Frau, ebenfalls Polizist, überprüft.

Der Beamte war deshalb vom Dienst suspendiert worden, hat seine Arbeit aber im Dezember 2013 wieder aufgenommen. Für einen anderen Täter, so begründete die Staatsanwaltschaft die Einstellung der Ermittlungen, habe es keinen Anfangsverdacht gegeben.

Harry Wörz hofft auf die Macht der Unterschriften

Jetzt sammeln Harry Wörz und seine Freunde Unterschriften und hoffen auf eine Online-Petition. „Lieber Harry, ich habe heute eine Online-Petition gestellt. Hoffe auf viele Stimmen. Kopf hoch und viel Kraft. Alles Liebe“, dies hatte Heike Nocker-Bayer am 30. Januar um 21.54 Uhr im Forum auf der Homepage von Harry Wörz bekannt gemacht. Die Frau ist in Hessen keine Unbekannte: die frühere Lottofee und Wettermoderatorin des Hessischen Rundfunks hatte sich als eine der Ex-Geliebten von Jörg Kachelmann in der Bild-Zeitung für die Unschuld ihres ehemaligen Arbeitgebers stark gemacht. Mit der Gründung eines digitalen lokalen TV-Senders erlebte sie Schiffbruch, inzwischen ist sie Krimiautorin. Wörz kannte die Antragstellerin zwar nicht, sagte er der Stuttgarter Zeitung. Aber er zweifelt nicht an den reellen Absichten, der Text der Petition sei eindeutig. Die Antragstellerin könne „nicht plötzlich links abbiegen“. Knapp 1400 Unterstützer haben die Petition „Sucht den wahren Täter“ bereits unterzeichnet, dienun auf Wörz’ Homepage eingebunden ist.

Nun hofft Harry Wörz auf die Macht der Unterschriften. Solange der Täter nicht gefasst ist, wird er keine Ruhe finden. Aber es ist wohl eine vergebliche Hoffnung. Nach dem Freispruch sei die Staatsanwaltschaft Karlsruhe allen Anhaltspunkten nachgegangen, die zur Aufklärung der Tat hätten beitragen können, heißt es aus dem Justizministerium. Da es keinen hinreichenden Tatverdacht gegen eine der als möglichen Täter in Frage kommenden Personen gegeben habe, sei das Ermittlungsverfahren eingestellt worden. Es könne nur dann wieder aufgenommen werden, wenn sich neue Anhaltspunkte ergeben, sagte das Justizministerium auf Anfrage. Dies hänge von den „tatsächlichen Umständen“ ab. Und weiter: „Die Zahl der Unterschriften unter einer Petition, die für eine Wiederaufnahme eintritt, hat darauf keinen Einfluss.“