Gleichbehandlung der Daten im Netz: Das will der Tübinger Student Johannes Scheller mit einer Online-Petition beim Bundestag erreichen. In nur vier Tagen hat er so fast 55.000 Unterschriften gesammelt und das Quorum erreicht.

Stuttgart - Johannes Scheller ist ein Streiter für die Netzneutralität. Mit einer Online-Petition hat der Student aus Tübingen ein Thema in die politische Diskussion eingebracht, das demnächst wohl auch den Bundestag beschäftigen dürfte. Denn nach nur vier Tagen haben bis Freitag bereits fast 55 000 Menschen seine Initiative zur Gleichbehandlung des Datenverkehrs im Internet unterzeichnet – ein außergewöhnlicher Erfolg, wie eine Sprecherin des Petitionsausschusses im Bundestag am Freitag bestätigte.

 
Schellers Ziel ist eindeutig: Er will, dass Netzneutralität im Gesetz festgeschrieben wird. „Der Deutsche Bundestag möge ein Gesetz beschließen, das Internetanbieter („Provider“) verpflichtet, alle Datenpakete von Nutzern unabhängig von ihrem Inhalt und ihrer Herkunft gleich zu behandeln“, schreibt er in der Petition. „Insbesondere sollen keine Inhalte, Dienste oder Dienstanbieter durch diese Provider benachteiligt, künstlich verlangsamt oder gar blockiert werden dürfen.“ Damit bezieht sich der Physik-Student auch auf die Pläne der Telekom, ihren Kunden ab einem Daten-Volumen von 75 Gigabyte im Monat die Surfgeschwindigkeit zu drosseln; die Telekom-Angebote aber sind davon ausgenommen. Gegen dieses Vorhaben laufen Netzaktivisten Sturm. Unter dem Schlagwort „Drosselkom“ wehren sie sich und haben auf www.change.org/drosselkom mehr als 190 000 Unterschriften gesammelt.

Netzneutralität als Wahlkampfthema

Auch wenn er sich schon lange mit dem Thema Netzneutralität befasst hat, war es doch eben diese „Drosselkom“-Affäre, die Johannes Scheller zu seiner Petition inspirierte. „Sie hat gezeigt, wie die Netzneutralität aktuell verletzt wird“, sagt der 19-Jährige, der in Auenwald bei Backnang aufgewachsen ist und sich bis vor seinem Umzug nach Tübingen in der dortigen Grünen Jugend engagiert hat. Über die schier unglaubliche Resonanz auf seine Petition ist er erfreut, aber doch auch überrascht. „Ich bin sehr froh, dass dieses Thema nun auch aus der Netzgemeinde heraus kommt.“

Auch wenn das Quorum von 50 000 Stimmen schon erreicht sei, laufe die Mitzeichnungsfrist noch bis zum 18. Juni, heißt es von Seiten des Petitionsausschusses. Trotzdem werde bereits in der ersten Juni-Woche das weitere Vorgehen besprochen. Möglich wäre eine öffentliche Beratung der Initiative, bei der Johannes Scheller als Hauptpetent sein Anliegen in Berlin vorbringen könnte. Der 19-Jährige ist darauf vorbereitet. „Ich bin mit Experten in Kontakt und erfahre breite Unterstützung. Ich habe die Hoffnung, dass sich nun tatsächlich etwas tut. Vielleicht wird Netzneutralität ja sogar ein Wahlkampfthema.“