Auch eingefleischte Cineasten können demnächst wieder Frischluft erleben. Das erste Open-Air-Kino im Rems-Murr-Kreis startet am kommenden Donnerstag in Unterweissach, Beutelsbach folgt am Samstag.

Weissach/Weinstadt - Den Auftakt macht die Prinzessin der Herzen. Am kommenden Donnerstag, 17. Juli, wird man im Innenhof des Unterweissacher Rathauses „Diana“ sehen können – auf Leinwand, unter freiem Himmel. Das Drama um die letzten Tage von Princess Di ist der erste Film im Reigen verschiedener Open-air-Kinoaufführungen, die in diesem Sommer in der Region und im Rems-Murr-Kreis geboten sind. Drei Tage hintereinander wirft das Kommunale Kino in Weissach jeweils um 22 Uhr den Projektor an.

 

Naomi Watts in „Diana“ Foto: Verleih
Bereits im neunten Jahr stellt die Kommune das Freiluftereignis für jeweils rund 200 Gäste gemeinsam mit dem örtlichen Kulturkreis auf die Beine. „Diana“ habe sich die Dorfrockgruppe – mehrere Frauen, die sich aus einem Karnevalsverein heraus zusammengefunden haben – gewünscht, sagt der Hauptamtsleiter der Gemeinde, Wolfram Hartmann. Die Tanztruppe, die zu verschiedenen Anlässen im Dirndl auftritt, übernimmt am Freitag, 18. Juli, auch die Bewirtung, wenn um 18 Uhr erst die Band Thunderbirds Musik macht, bevor nach Einbruch der Dunkelheit „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg“ gezeigt wird. Wolfram Hartmann hofft, mit dem aberwitzigen Streifen den Nerv des Publikums getroffen zu haben, denn für den Samstag hat er noch ein klein wenig Bauchweh. Die französische Kultkommödie „Paulette“ wird nämlich ausgerechnet wenige Tage zuvor im Fernsehen ausgestrahlt.

Bernadette Lafont in „Paulette“ Foto: Verleih
Zu allem Überfluss wird die groteske Geschichte einer Rentnerin, die bei einem Drogenboss anheuert, am selben Tag auch im Beutelsbacher Stiftshof erzählt. Im Rahmen des Weinstädter Kinos unterm Sternenhimmel gibt es dort allerdings zusätzlich auf das Programm abgestimmte kulinarische Spezialitäten. Französischer Film, französisches Essen: Michael Becker, der Koch im Team der Kommunalen Kinomacher, hat sich zu einer Kreation aus verschiedenen Amuse-Gueules inspirieren lassen: Kaviarbaguette, gegrillter Lauch, Ratatouille und noch einiges mehr.

So leicht wie das kulinarische Angebot wird auch die filmische Kost sein, erläutert Iris Förster vom Weinstädter Organisationsteam. Schließlich sollen die Besucher beschwingt und nicht bedrückt heim gehen. Weitere wichtige Kriterien seien, dass der Film „familientauglich und nicht zu lang ist“. Die Komödie über die resolute 80-jährige Paulette, gespielt von Bernadette Lafont, die von einer Grantlerin zur liebevollen Oma mutiert, nachdem sie auf die Idee verfällt, ihre Rente mit dem Verkauf von Cannabisprodukten aufzubessern, erfüllt offenbar all dies.

Bereits im Frühjahr stimme sich das Kernteam des Weinstädter Open-Air-Kinos ab, zu dem neben Iris Förster und Michael Becker auch deren Ehepartner Peter Kundmüller und Anke Becker sowie Markus Maier, Brigitte Wallaschek, Ulrich Heim und Dorota und Maximilian Heubach gehören. Am Tag der Vorführung erhielten sie dann noch von etwa ebenso vielen Freiwilligen Unterstützung, berichtet Iris Förster. Meist seien dies ihre Kinder und deren Freunde, die mit dem Kino unterm Sternenhimmel quasi aufgewachsen seien.

1995 flimmerte der erste Film in Weinstadt Open-Air über die Leinwand. „Gefühlt waren wir unter den Ersten, die so etwas veranstaltet haben“, sagt Iris Förster. Und auch wenn es vielerorts nun ähnliche Angebote gibt, die Weinstädter sind nach vor vor unter den Ersten, die heuer in die Freiluftsaison starten.

Nachgefragt bei Melanie Hoffmann

Fellbach - Die Kinokult-Programmkinos in Ludwigsburg prägen das Sommernachts-Open-Air in Fellbach. Melanie Hoffmann, eine der „Film-Verrückten“ des Vereins, der in Schmiden das Orfeo-Kino betreibt, verrät, auf was es dabei ankommt.
Frau Hoffmann, das Open-Air-Kino im Rathaus-Innenhof gibt es seit 24 Jahren. Sind die Filme noch ein Renner?
In Fellbach ist das Angebot nach wie vor heiß begehrt. Wir hatten über die Jahre immer einen guten Zuschauerzuspruch. Es hängt allein vom Wetter ab, wie der Besuch ausfällt. Ein Gewitterregen ist dabei nicht einmal schlimm, kühles und regnerisches Wetter hingegen hält die Leute ab.
Melanie Hoffmann Foto: privat
Bekommt man als Veranstalter von den Filmverleihern bessere Konditionen?
Ich kann da nur für uns sprechen: Da wir durch unsere klassischen Kinos das ganze Jahr mit Verleihfirmen zusammenarbeiten, gelingt es uns auch immer wieder, für eine Open-Air-Veranstaltung einen günstigeren Preis auszuhandeln.
Früher war im Fellbacher Programm oft ein Klassiker zu finden. Machen Sie das immer noch?
Jein. Ein Problem bei den Klassikern war, Kopien zu bekommen, deren Qualität für eine Kinovorführung noch geeignet ist. Mit der Digitalisierung wird dieses Problem einerseits gelöst, andererseits sind die Klassiker auf DVD jederzeit verfügbar, damit fehlt das Alleinstellungsmerkmal.
Es ist aber doch ein Riesenunterschied, Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ auf einer großen Leinwand oder auf dem Fernsehbildschirm zu sehen?
Ja natürlich, allein die Szene mit dem Flugzeug, das Gary Grant auf dem Feld verfolgt, ist auf der Leinwand ein Erlebnis. Wir sind zwar Filmverrückte, aber wir müssen auch wirtschaftlich denken. Es nützt nichts, wenn wir ein tolles Programm für Cineasten haben, aber zu wenige Zuschauer kommen. Dieses Jahr zeigen wir zum Auftakt in Fellbach „Leningrad Cowboys go America“, in Ludwigsburg „Blues Brothers“.