Den Lockdown hat jeder miterlebt. Doch will man ihn auch im Kino sehen? Ja, wenn er packend erzählt wird wie im „Lockdown Movie“. Ehemalige Studierende der Medienhochschule Stuttgart haben ihn gedreht und im Römerkastell gezeigt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Mund-Nasen-Schutz, Social Distancing, Aerosole – es gibt Begriffe, die sind eng mit Corona verbunden. Und noch ein Wort gehört dazu: das Brennglas. Ob in Talkshows, Leitartikeln oder politischen Statements – immer wieder wird die Lupe ausgepackt. „Die Pandemie wirkt wie ein Brennglas“, hören wir seit Monaten echogleich. Dies klingt brandgefährlich, plakativ und ist doch eine Binse. Die Krise offenbart ohne Zweifel Missstände, aber gebrannt, etwa in der Pflege oder bei der Fleischproduktion, hat es in den meisten Fällen schon vorher.

 

Eine Mischung aus Komödie und Thriller

Dass die Krise zur Chance werden kann, ist ebenfalls keine ganz neue Erkenntnis. In dem Spielfilm „Lockdown Movie“, der in der Quarantäne mit einem kleinen Team von fünf Menschen und einem Stofftier entstanden ist, wird’s ganz ohne erhobenen Zeigefinger eindringlich klar: Wer das Wir-Gefühl neu entdeckt, wer auf Dinge, die bisher als selbstverständlich galten, mit neuen Augen schaut, spürt selbst im dunklen Loch eine neue Qualität seines Lebens.

Eine Mischung aus Komödie und Thriller ist’s, die Open-Air-Premiere in Stuttgart beim Kastellsommer gefeiert hat. Zu den Machern des Spielfilms zählen junge Menschen, die an der Hochschule der Medien in Stuttgart studierten. Inzwischen haben sie in München die Produktionsfirma Filmcrew Media gegründet, die mit Werbespots und emotionalen Spielfilmen wie „Robin“ (es ist die Geschichte eines kranken Kindes) erfolgreich sind und Preise kassieren. Doch dann kam Corona. Der Lockdown riss ihnen den Boden unter den Füßen weg. Alle Einnahmen brachen weg.

Hauptdarsteller Toby Schmutzler lebte sieben Jahre lang in Stuttgart

Während rund um den Globus die Dreharbeiten stoppten, in Hollywood wie für Netflix, fing die junge Filmproduktionsfirma in München damit an, in ihrem von der Außenwelt abgeschnittenen Büro ein „Lockdown Movie“ zu drehen. Regisseur Toby Schmutzler, der sieben Jahre in Stuttgart gelebt hat, spielt in der Film-im-Film-Story einen Praktikanten, der in der Quarantäne mit seinem Stofftier Sid festhängt und die Zeit sinnvoll mit dem Dreh einer Komödie über kuriose Pandemiesituationen rund um Videokonferenzen mit der Liebsten, gehamstertem Klopapier und Zeit-mich-sich-selbst-Totschlagen.

Der Film ist als One-Man-Show gedacht. Als der Prakti auf dem Dachboden auf eine laufende Kamera stößt, wird ihm bewusst, dass jemand ein Spiel mit ihm spielt und er nicht nur der Hauptdarsteller seines eigenen Films ist. Die Influencerin Louisa Dellert und Bayern-3-Moderator Sebastian Winkler haben per Videozuschaltung weitere Rollen übernommen. Das Drehbuch schrieb Toby Schmutzler mit seinem Bruder Kevin Schmutzler, die beide Regie führten.

Lob für handwerkliches Können

Bei der Open-Air-Premiere im Römerkastell gab es viel Lob für die handwerkliche Meisterleistung der Filmcrew, die es gewohnt ist, ihre Produktionen mit mindestens 50 Beteiligten zu realisieren. Diesmal waren es aber nur fünf. Der „Lockdown Movie“ ist obendrein ein Lehrstück für angehende Drehbuchautoren. Bildhaft wird vorgeführt, was eine gute Story ausmacht, wie sie in drei Akten unterteilt werden und überraschende Wendungen bringen sollte. Irgendwann, wenn die dramatische Steigerung immer weiter wächst, muss es heißen: „Kill your darlings“!

Dann geht es darum, Figuren, Sätze und Szenen, die dem Schreiber während der Drehbucharbeit eng ans Herz gewachsen sind, über die Klippe springen zu lassen. Fertig wird die perfekte Geschichte nie, die obendrein eines ebenso wenig sein darf: perfekt.

Ukulele kann er immer noch nicht spielen

Ein zweiter Lockdown, sagt Toby Schmutzler nach der Vorführung von Film und dem Making-of mit einem Lächeln, wäre für den Film nicht schlecht, weil er dann wieder an Aktualität gewinnt. Aber die zweite Welle wünscht sich freilich keiner – schon allein, um die nächsten Filmprojekte, etwa in Kenia, realisieren zu können.

Im „Lockdown Movie“ hat sich Toby eine Glatze rasiert – sein eigenes Drehbuch wollte es so. Die Haare sind nachgewachsen. Ukulele spielen (eine Szene aus dem Film) kann er allerdings immer noch nicht.

Den Film kann man sich online anschauen unter: www.lockdown-movie.de.