In den 1950er- und 60er-Jahren war der Schriftsteller Hans Bayer alias Thaddäus Troll ein häufiger Gast in Rietenau. Das dort ansässige Amateurtheater begibt sich anlässlich von Trolls 100. Geburtstag auf eine Spurensuche unter freiem Himmel.

Aspach - Ich bin immer noch per Sie mit ihm“, sagt Lea Butsch von der Theatergruppe 25/1 aus Aspach-Rietenau über den Mann, mit dessen Leben und Werk sie sich ein gutes halbes Jahr lang so intensiv beschäftigt hat. Nein, richtig warm geworden sind Lea Butsch und ihr Mann Rolf nicht mit dem Stuttgarter Hans Bayer alias Thaddäus Troll. Im März hätte der Schriftsteller seinen 100. Geburtstag gefeiert. Das und die Tatsache, dass Troll in den 1950er- und 1960er-Jahren ein regelmäßiger Gast in Rietenau war, hat die Butschens dazu bewogen, dem schwäbischen Autor ein Stück zu widmen. „Komm gang mr aweg“ lautet der Titel dieser Spurensuche, in der Thaddäus Troll zwar nie leibhaftig, wohl aber mit seinen Texten auftaucht.

 

In jedem Sommer inszeniert die rund 20-köpfige Crew des von Lea und Rolf Butsch geleiteten Amateurtheaters ein selbst verfasstes und erarbeitetes Stück mit Bezug zur Heimatgemeinde unter freiem Himmel. Ganz einfach machen es die Theaterleute ihren Zuschauern nie – trotz der Dorfidylle rundum greifen sie stets auch unangenehme und sperrige Aspekte der Heimatgeschichte auf. Und so ist das aktuelle Stück ebenso wenig betulich, wie Trolls Texte über seine Heimat und seine Landsleute es waren.

Ein enttäuschter Mensch mit Ecken und Kanten

„Wir hätten ihn gerne als liebenswert gezeigt, aber wir tun uns schwer mit der Person“, sagt Rolf Butsch und fügt hinzu: „Ich hätte nicht sein Freund sein wollen.“ Ein enttäuschter Mensch mit Ecken und Kanten, einer der gerne „ein Großer“ gewesen wäre, so beschreibt Lea Butsch den Autor: „Er hat sich an Grass, Böll und Jens gemessen.“ Der große Durchbruch aber gelang Troll ausgerechnet mit jenem Buch, das er selbst für nicht besonders gelungen hielt: „Deutschland, deine Schwaben“.

Den Stoff für seine Texte hat Troll wohl zum Teil in Rietenau aufgeschnappt. Dort hat er einige Jahre lang Sommer für Sommer im spartanisch ausgestatteten Forsthaus mitten im Wald verbracht. Die von Bäumen umgebene Mönchswiese, auf der auch das Theaterstück inszeniert wird, sei zwar idyllisch, „aber die Sonne verschwindet früh hinter den Bäumen und man hat keine Aussicht“, sagt Rolf Butsch. Im Häusle ohne Strom und Toilette soll der Schriftsteller fleißig an seinen Texten gearbeitet haben. Allerdings haben die Butschens Zeitzeugen befragt, die berichteten, dass ein Wengerter aus Allmersbach „anhängerweise Schillerwein“ auf die Mönchswiese lieferte. Und eine Rietenauerin erinnert sich daran, dass sie als kleines Mädchen ein Mal in der Woche zur Wiese marschierte, um Brot vorbei zu bringen. Bedankt habe der Empfänger sich nie dafür, geschweige denn ein Trinkgeld gegeben.

Vorsicht – sonst wird man „verdichtet“

In der „Sonne“ im Ort hat der Sommergast sich den Rostbraten schmecken lassen, er hat die Kneipen besucht – und „dem Volk aufs Maul geschaut“. Bei den Einheimischen löste das etwas überhebliche Verhalten Misstrauen aus. „Manche Alte haben gesagt: ,Bei dem muss man vorsichtig sein, sonst wird man verdichtet.“

Troll hat die Schwaben gut gekannt, geliebt hat er sie vermutlich nicht. Den Schwäbischen Wald hingegen schon: Nach seiner Zeit auf der Mönchswiese baute er sich in Oppenweiler-Hinterrohrbach einen Sommersitz. „Dort hat er Hof gehalten und die Prominenz gab sich die Klinke in die Hand“, weiß Lea Butsch: „Martin Walser kam hin oder auch Walter Jens.“ Troll sei im Grunde ein einsamer, melancholischer Mensch gewesen, der aber gleichzeitig sehr einnehmend sein konnte.

Während des Theaterstücks bleibt Troll im Häusle verborgen. Stattdessen spricht die Figur eines Mönchs aus, was im Inneren des Schriftstellers vorgeht. Eine schwäbische Wandergruppe tritt auf, zudem einige „holde Musen“, mehrere arrogante, hochdeutsch sprechende Herren und Damen, und der Postbote Jakob, der dem Publikum die biografischen Details berichtet. Auch Trolls Nazivergangenheit lässt das Stück nicht aus. „Er war in der Propagandatruppe von Goebbels“, sagt Lea Butsch, „die Zeit hat er komplett ausgeblendet.“

Spurensuche auf der Waldwiese

Vorstellung
Das Theaterstück „Komm gang mr aweg – Thaddäus Troll: eine Spurensuche“ ist am Samstag und Sonntag, 2. und 3. August, jeweils von 17 Uhr an auf der Mönchswiese bei Aspach-Rietenau zu sehen. Das idyllische Plätzchen ist vom Wanderparkplatz Heiligental aus entweder zu Fuß in ungefähr 45 Minuten oder mit dem Fahrrad erreichbar. Der Heimat- und Kulturverein bewirtet von 15.30 Uhr an die Besucher. Wer die Strecke nicht per pedes bewältigen kann, hat die Möglichkeit, in einen Pferdewagen zu steigen und sich zur Mönchswiese fahren zu lassen. Anmeldung bei der Kartenreservierung.

Karten
Tickets für die ungefähr 90-minütige Vorstellung müssen reserviert werden, entweder per E-Mail an theater25-1@hesser.name oder telefonisch, 0 71 91/23 00 17. Der Eintrittspreis beläuft sich auf zehn Euro.

Autor
Thaddäus Troll ist als Hans Bayer am 18. März 1914 in Stuttgart zur Welt gekommen. Von 1946 an arbeitete er als Journalist und war Mitbegründer der satirischen Zeitschrift „Das Wespennest“. Später begann er als Thaddäus Troll seine Karriere als freier Schriftsteller. Am 5. Juli 1980 nahm er sich das Leben.