Der in Stuttgart entwickelte Abstandsmesser „Open Bike Sensor“ erhält den Deutschen Fahrradpreis. Das gibt der Radszene in Stuttgart weiteren Schwung – auch wegen eines anderen Projekts.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Der „Open Bike Sensor“ (OBS) erhält den Deutschen Fahrradpreis. Einmal im Jahr prämiert das Bundesverkehrsministerium Projekte, die als „Vorbild und Anregung für die Radverkehrsförderung“ dienen, heißt es auf der Fahrradpreis-Website.

 

Mit dem Sensor können Radfahrer Überholabstände im Straßenverkehr messen. Ein GPS-Sensor erfasst, wo überholt wurde. Danach können die Daten in ein Portal hochgeladen und auf einer Karte visualisiert werden. Verkehrsplaner können so Gefahrenstellen erkennen und die betreffenden Straßenabschnitte gegebenenfalls umbauen.

Teil einer größeren Bewegung

Die OBS-Technologie schließt an von Medien begleitete Projekte wie den „Radmesser“ des Berliner „Tagesspiegel“ oder das von unserer Zeitung gemeinsam mit dem „Kesselnetz“-Team der Dualen Hochschule durchgeführte Projekt „Radort Stuttgart“ an. In allen Fällen fahren Freiwillige mit Sensoren durch die Stadt, um im realen Straßenverkehr gefährlich enge Strecken zu ermitteln. Die Ergebnisse des „Radort Stuttgart“-Projekts mit mehr als 100 Beteiligten hatten wir vergangene Woche veröffentlicht.

Der „Open Bike Sensor“ wurde in Stuttgart erfunden, und zwar von einem Freiwilligenteam rund um Thomas Obst im Radforum „Zweirat“. Weiterentwickelt wurde die Technologie am Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart, wie die Einrichtung in einer am Donnerstag versandten Pressemitteilung betont.

Schon in fast 30 Städten im Einsatz

Der Sensor ist ein regelrechter Exportschlager: mit der Technologie werden bundesweit in etwa 30 Städten Daten zu Überholabständen gemessen. Das ist Teil des Konzepts: die Anleitung steht frei im Netz; Technikinteressierte mit Programmier-Grundkentnissen können damit ihre eigenen Radsensoren bauen. Erst Anfang Februar startete etwa in Brandenburg das von der TH Wildau begleitete Projekt „Zu nah?“. Wegen des hohen Interesses haben Thomas Obst und sein Team im Herbst einen gemeinnützigen Verein gegründet, um die deutschlandweite Community zu vernetzen und zu unterstützen. Das war gewiss mit ein Grund für die Auszeichnung mit dem Fahrradpreis.

Wenn Freiwillige mit relativ simpler Technik ihre Stadt erforschen und damit für ihre Belange eintreten, nennt man das Citizen Science oder Bürgerwissenschaft. Immer wieder kooperieren Medien mit solchen Initiativen in Projekten zum „Journalismus der Dinge“. Mit dem Feinstaubsensor des OK Lab wurde in Stuttgart schon einmal ein solcher Sensor entwickelt und weltweit fast 15 000 Mal nachgebaut.