Die Stuttgarter Architekten bringen mit konstruktiven Impulsen Schwung in die Debatte um die Opernsanierung. Ein internationaler Architekturwettbewerb soll Koryphäen locken. Zudem hat die Architektenkammer nicht nur den Littmann-Bau selbst, sondern das ganze Quartier im Blick.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Die fünf Stuttgarter Kammergruppen der Architektenkammer Baden-Württemberg haben in einer Stellungnahme zur Opernsanierung davor gewarnt, das Projekt noch einmal auf die lange Bank zu schieben. Was es jetzt brauche, sei eine mit „großer Offenheit“ geführte und zielgerichtete Diskussion, forderte deren Sprecher, Thomas Herrmann, und sprach sich gegen einen Bürgerentscheid aus. Die mit dem Projekt zusammenhängenden Fragen ließen sich nicht mit Ja oder Nein beantworten.

 

Internationale Koryphäen sind gefragt

Der Interessensverband der Architekten und Stadtplaner hält den Littmann-Bau für einen „idealen Spielort für klassische Opern- und Ballettaufführungen“, ihn dauerhaft fit zu machen, sei zwingend erforderlich. Die Bereitstellung von einer Milliarde Euro wertet die Kammer deshalb als „starkes Signal für die Wertschätzung künstlerischer Spitzenleistungen und für den Start in ein städtebauliches und ökonomisches Jahrhundertprojekt“.

Bei dem Sanierungsprojekt könne es aber nicht darum gehen, nur den Opernbetrieb zu sichern – das würde weder die Summen rechtfertigen noch die Begeisterung auslösen, von der ein solches Projekt in der Bevölkerung getragen werden müsse. Vielmehr „muss ein Mehrwert sowohl für die künstlerische Arbeit als auch für die bauliche Entwicklung der Stadt entstehen“. Um Qualität zu erreichen, sei ein zweistufiger internationaler Wettbewerb erforderlich, der auch das Interesse von Koryphäen aus aller Welt wecke. Ebenso müsse auch für die Interimsspielstätte ein Wettbewerb ausgelobt werden. Dem Bau eines zweiten Opernhauses erteilt die Kammer eine Absage. „Das würde das Potenzial der Theaterstadt Stuttgart wahrscheinlich überfordern.“

Lebendiges Theaterquartier

Die Architektenkammer gibt zudem konstruktive Impulse für die Weiterführung der Debatte. Sie weitet den Blick vom Projekt zur Stadt und fordert den Umbau der Staatstheater-Umgebung zu einem „lebendigen, offenen Theaterquartier“, das auch Zugang zu dem neuen Boulevard gewähre, zu dem sich die Konrad-Adenauer-Straße einmal wandeln solle.

Zu den noch zu klärenden inhaltlichen Punkten gehört für die Architekten die Notwendigkeit einer Kreuzbühne. Sie schlagen vor, den dafür angesetzten Kosten die Mehrbelastungen des Spielbetriebs ohne Kreuzbühne gegenüberzustellen. Zudem regen sie an, sich mit dem Konzept für die Interimsspielstätte auseinanderzusetzen. Müsse diese einem klassischen Opernhaus entsprechen, fragen sie, oder könnte man „anders geartete Spielstätten und Aufführungskonzepte“ ausprobieren?