Die Kosten für das Übergangsquartier wären fast doppelt so hoch wie bisher angenommen. Die Stadt zieht nun die Reißleine, die Suche nach einem Standort beginnt von vorn.

Stuttgart - Es ist ein Paukenschlag, der die Sanierung der Stuttgarter Oper weiter verzögern dürfte: Nach Informationen unserer Zeitung wird das bisher als Standort für eine Interimsoper vorgesehene Paketpostamt an der Ehmannstraße im Stuttgarter Norden nun doch nicht realisiert. Der Grund: Ein externes Gutachten hat die Kosten für den Umbau und die Ausstattung der Halle auf 116 Millionen Euro und damit mehr als doppelt so hoch wie bisher veranschlagt. Das federführende Landesamt für Vermögen und Bau, das dem Finanzministerium untersteht, hatte zuletzt die Kosten für das Interim auf rund 55 Millionen Euro geschätzt, aber stets darauf hingewiesen, dass diese Zahl nicht belastbar sei. Ein sogenanntes Worst-Case-Szenario der Gutachter kommt sogar auf eine Summe von 139 Millionen Euro.

 

Ursprüngliche Zeitplan ist nicht haltbar

Angesichts dieser horrenden Summe zieht die Stadt nun die Reißleine. Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) bestätigte auf Anfrage das Aus für die Oper am Rosensteinpark. Eine solche Summe sei für ein Interimsquartier nicht darstellbar. „Ich leite aus dem Gutachten ab, das 116 Millionen zu viel sind und dass der Standort deshalb nicht geht“, so der Rathauschef. Kuhn hat am Mittwochnachmittag auch die Chefs der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen informiert. Wie es nun mit der Sanierung des historischen Littmann-Baus weiter geht, ist derzeit völlig offen. Sicher ist nur, dass der ursprüngliche Zeitplan für die Sanierung nicht mehr haltbar ist. Bisher war man von einem Beginn der Umbauarbeiten frühestens 2023 ausgegangen, nachdem Oper und Ballett den Umzug ins Provisorium am Rosensteinpark zur Spielzeit 2020/2021 vollzogen hätten. Nun ist die Rede davon, dass die Sanierung wohl frühestens 2024/2025 beginnen könne.

Neuer Suchlauf wird gestartet

Nach Informationen unserer Zeitung haben sich die Fraktionen im Gemeinderat aber darauf verständigt, am Grundkonzept für die Sanierung des denkmalgeschützten Großen Hauses festzuhalten. Das heißt im Klartext: Der Littmann-Bau soll in jedem Fall nach Abschluss der Sanierung weiter als Spielstätte für Oper und Ballett dienen. Der Bau einer neuen Oper an Stelle des Königin-Katharina-Stifts am Gebhard-Müller-Platz, wie er etwa vom Verein „Aufbruch Stuttgart“ hartnäckig ins Gespräch gebracht wird, ist im Gemeinderat nicht mehrheitsfähig.

Parallel zur Ermittlung der Gesamtkosten für die Sanierung und den Ausbau des Großen Hauses, die bisher offiziell auf eine Summe zwischen 400 und 500 Millionen Euro geschätzt werden und nun bis zur übernächsten Sitzung des Verwaltungsrats der Württembergischen Staatstheater im Herbst detailliert ermittelt werden sollen, wird nun ein erneuter Suchlauf für einen Interimsstandort gestartet. Dabei werden möglicherweise auch solche Areale nochmals ins Blickfeld rücken, die in der Vergangenheit aus unterschiedlichen Gründen aussortiert worden waren, wie etwa der Innenhof des Finanzministeriums am Rotebühlplatz oder der Akademiegarten am Charlottenplatz. Das daimlereigene Areal in der Nähe des Mercedes-Museums im Neckarpark steht dagegen offenbar nicht mehr zur Verfügung.