Messerattacke in Filderstadter Flüchtlingsunterkunft Mann wegen Totschlags angeklagt

Fünf Verhandlungstage sind bislang für den Prozess am Landgericht terminiert. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Ein Flüchtling soll im November in einer Unterkunft in Filderstadt einen 25-Jährigen erstochen haben. Er muss sich vor dem Landgericht Stuttgart für die Tat verantworten. Ein Zeuge schildert die Ereignisse detailliert.

„Der Angeklagte wird beschuldigt, einen Menschen getötet zu haben, ohne ein Mörder zu sein“, sagte die Staatsanwältin beim Prozessauftakt am Landgericht Stuttgart. Die Tat sei ein Verbrechen des Totschlags. Nach ihren Ermittlungen ist es am Sonntag, 6. November 2022, in einer Flüchtlingsunterkunft in Sielmingen zwischen zwei Männern zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen. Der 27 Jahre alte Angeklagte soll dabei gegen 8.25 Uhr achtmal mit einem 20 Zentimeter langen Küchenmesser auf seinen Landsmann eingestochen und ihn anschließend eine Treppe hinuntergestoßen haben. Der 25-Jährige erlitt Stichverletzungen an der linken Wange, im linken Oberarm, rechts am Hals, am Rücken und in der Mitte der Brust – unter anderem wurde dabei der Herzbeutel beschädigt.

 

Bewohner der Unterkunft riefen den Notruf, meldeten, dass ein Mann schwer verletzt worden sei. Die Einsatzkräfte fanden den 25-Jährigen mit mehreren stark blutenden Wunden vor. Trotz sofort eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen konnte das Leben des Mannes nicht gerettet werden. Er verstarb noch vor Ort.

Zeuge leistet Erste Hilfe

Ein 25 Jahre alter Mann, der ebenfalls in der Asylbewerberunterkunft lebt, erinnerte sich im Zeugenstand an den Morgen der Tat zurück. „Ich war in meinem Zimmer, hörte laute Stimmen. Als ich die Tür zum Flur öffnete, sah ich, wie die beiden Männer in einiger Entfernung miteinander kämpften, sich an den Armen hielten.“ Letztlich soll der Angeklagte das körperlich unterlegene Opfer mit einer Art Schulterwurf einen Treppenabsatz hinabbefördert haben.

„Du hast ihn umgebracht“, habe der Zeuge dem Angeklagten zugerufen, als er den Mann leblos auf dem Boden liegen sah. „Alles ging blitzschnell“, sagte der 25-Jährige, der im Sitzungssaal 4 betont, unvorsichtig gewesen zu sein, als er zu dem Verletzten lief, um Erste Hilfe zu leisten. „Ich hätte auch Opfer von ihm sein können. Richtig wäre es gewesen, erst einmal Abstand zu halten.“ Als er auf die beiden zugelaufen sei, habe er das Messer jedoch zunächst nicht wahrgenommen. „Ich habe aber gesehen, dass der Angeklagte einen Gegenstand in der Hand hielt und den Arm gehoben hatte.“

Warum die Männer, die eng befreundet gewesen sein sollen, aneinandergeraten sind, kann sich der Zeuge nicht erklären. „Alle im Haus waren überrascht.“ Verbale Auseinandersetzungen seien nichts Außergewöhnliches in solchen Einrichtungen, schließlich würden die Bewohner oft unter Stress stehen. „Jeder hat seine Probleme, seine Geheimnisse. Eine Sorge ist immer die drohende Abschiebung“, so der 25-Jährige, der betont, dass das Opfer am Tag vor seinem Tod aber fröhlich erschien. „Er meinte, er bekommt den Aufenthaltstitel.“

Beim Prozessauftakt am Mittwoch hat sich der Angeklagte, der in seiner Heimat politisch verfolgt worden sein soll, über Italien nach Europa geflüchtet ist und seit 2016 in Deutschland lebt, nur zur Person, nicht aber zu den Tatvorwürfen geäußert. Eine Einlassung soll am zweiten Verhandlungstag erfolgen. Sein Rechtsanwalt Andreas Baier ließ jedoch im Gerichtssaal durchblicken, dass die Verteidigung auf Notwehr plädieren werde. Die Verhandlung wird am Montag, 19. Juni, um 9 Uhr fortgesetzt.

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