Sandra Wolf ist die erste Frau an der Spitze einer Mechaniker-Innung in Baden-Württemberg. Wenn die Firmenchefin nicht arbeitet und wenn keine Sitzung ansteht, dann schwingt sie sich auf ihr Rennrad.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Oppenweiler - Nein, ein besonderes Faible für Technik hat Sandra Wolf als Schülerin nicht gehabt – eher für Tennis. Die 36-jährige geschäftsführende Gesellschafterin des Familienunternehmens Wolf in Oppenweiler hat 1995 am Backnanger Max-Born-Gymnasium Abitur gemacht – nicht mit den Leistungskursen Mathe und Physik, sondern mit der Kombination Englisch und Geschichte.

 

Eine berufliche Zukunft im Maschinenbau ist ihr trotzdem in die Wiege gelegt worden. Ihr Opa hat anno 1938 die Firma gegründet, ihr Vater Ernst Wolf ist seit 60 Jahren im Unternehmen. Der 74-jährige Seniorchef ist ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter der Wolf GmbH. Im Job hat Sandra Wolf fast nur mit Männern zu tun – kein Problem, sagt sie. Manche ihrer Wegbegleiter erklären, die Sandra schreibe jetzt Geschichte – das sind große Worte.

„Keine typisch weiblichen Führungsfähigkeiten“

Die Unternehmerin mit dem strahlenden Lachen ist zur ersten Frau an der Spitze einer Mechaniker-Innung im Ländle gewählt worden. Auch in der Rems-Murr-Innung mit ihren 44 Mitgliedsfirmen ist Sandra Wolf fast immer allein unter Männern. Führen Frauen anders? Nein, sagt die Obermeisterin, es gebe „keine typisch weiblichen Führungsfähigkeiten“. Um den Posten an der Spitze der Mechaniker-Innung hatten sich die Kandidaten nicht gerissen, ganz im Gegenteil: Es gab nur die eine Aspirantin. Und ein Stellvertreter habe sich gar nicht gefunden, erzählt Sandra Wolf an diesem Morgen gegen 8 Uhr in einem Besprechungszimmer der Firma. Auch kein Problem. Sie muss halt alle Innungstermine wahrnehmen. „Aber ich bin gerne unter Menschen.“ Und sie fange ja gerne früh an zu arbeiten, oft schon gegen 7 Uhr. Abendtermine im Ehrenamt seien also – genau: auch kein Problem.

Sandra Wolf und ihr Vater beschäftigen knapp zwei Dutzend Mitarbeiter. Das Unternehmen produziert Teile für den Maschinenbau, ist Zulieferer in erster Linie von Verpackungsmaschinenherstellern in Baden-Württemberg, in Bayern und in Hessen. Außerdem wartet die Wolf GmbH sogenannte Holzsortier-Zugkräne, die das Unternehmen früher selbst hergestellt hat, und übernimmt Lackier- und Sandstrahlarbeiten. Die Geschäfte liefen ganz gut, sagt die Chefin zufrieden.

Ein Faible für Autos

Obgleich sie sich nicht übermäßig für Technik interessiert hat – „außer für Autos“, gegen Ende der Schulzeit stand fest: „Ich steige später im elterlichen Betrieb ein.“ Nach dem Abi und einer Autoreise mit einer Freundin kreuz und quer durch Namibia hat Sandra Wolf an der Fachhochschule Heilbronn Fertigungsbetriebswirtschaft und Unternehmensführung studiert. Sie war im Vertrieb des Discounters Lidl beschäftigt, dann bei der Metrotochter Real. Seit 2004 arbeitet sie mit ihrem Vater zusammen. Andere Gleichaltrige kaufen sich auf Kredit ein Einfamilienhaus, Sandra Wolf hat von ihrem Onkel dessen Anteile am Unternehmen erworben.

Als Obermeisterin wolle sie unter den Mitgliedsfirmen „die Gemeinschaft fördern“, die Söhne und Töchter der Firmenchefs einbinden, außerdem die Zusammenarbeit mit den Berufsschulen pflegen und – ganz wichtig: mehr Firmenvertreter aus dem Raum Waiblingen davon überzeugen, bei den Innungstreffen zu erscheinen.

Wenn Sandra Wolf mal nicht schaffen muss und auch keine Sitzung ansteht, dann schwingt sich die stellvertretende Vorsitzende der Radsportgruppe des TV Oppenweiler auf ihr Rennrad, oder sie klettert in den Alpen. Und an den Wochenenden sitzt sie oft und gerne im Auto – die alte Leidenschaft. Meistens düst sie nach Österreich, ihr Freund lebt in der Alpenrepublik.