Viktor Orban hat die Wahl in Ungarn klar gewonnen. Sein nationalistischer Kurs ist bestätigt worden. Deshalb müssen die EU-Staaten jetzt endlich ihr Verhältnis zu Orban klären, meint Thomas Roser.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Budapest - Man kann es drehen und wenden wie man will: An Deutlichkeit lässt das Votum der Ungarn auch angesichts der hohen Wahlbeteiligung nichts zu wünschen übrig. Selbst wenn sich die Opposition besser koordiniert hätte, hätte allenfalls die Zweidrittelmehrheit, nicht aber die Wiederwahl von Viktor Orban, Europas erfolgreichstem Quertreiber, verhindert werden können. Zählt man zu den rund 50 Prozent für dessen nationalpopulistische Fidesz-Partei noch die knapp 20 Prozent der sich dieses Mal bürgerlich gebenden Nationalisten der Jobbik-Partei hinzu, haben fast drei Viertel der Ungarn für fremdenfeindliche Parteien gestimmt.

 

Die Lektion von Budapest ist ebenso ernüchternd wie deprimierend: Das Postulat des nationalen Egoismus und  politisch instrumentalisierter Fremdenhass liegen europaweit im Trend – und zahlen sich an den Urnen aus. Dass Orban gerne mit autoritären Politfreunden wie Putin oder Erdogan flirtet und seine Fidesz-Regierung einer feudal anmutenden Vetternwirtschaft frönt, blenden seine sich mehrenden Bewunderer im Westen geflissentlich aus. Vor allem aus innenpolitischen Gründen wird der ferne Puszta-Populist selbst in bürgerlich-konservativen Kreisen gerne zum bewunderten Vorbild einer rigideren Immigrationspolitik überhöht.

Ungarn hat sich verhärtet

Wie sich Ungarn in den vergangenen acht Jahren unter dem populistischen Trendsetter Orban verhärtet und verändert hat, ist am besten an der mit antisemitischen Tönen unterlegten Hetzkampagnen gegen den US-Milliardär George Soros oder an den Feldzügen gegen das angebliche EU-Diktat, gegen eine angebliche Massenzuwanderung, gegen Obdachlose oder aus Orbans Sicht lästige Bürgerrechtsgruppierungen abzulesen. Selbst die abstrusesten Behauptungen über den vermeintlichen Verfall des nichtungarischen Abendlands in Wien, Berlin, London oder Stockholm finden im propagandistisch dauerberieselten Orbanistan zunehmend Gehör.

Natürlich haben die ungarischen Wähler das Recht, die Regierung zu wählen, die sie sich wünschen – ob das den westlichen EU-Partnern passt oder nicht. Aber sollten die Partner dem Dauerregenten deswegen jeden nationalistischen Ausfall und jede scheinheilige Attacke gegen die EU durchgehen lassen, von der Ungarn wie kaum ein zweiter Staat profitiert?

Lagerdenken ist fehl am Platz

Schon seit Jahren halten auch CDU und CSU ihre schützende Hand über den bei anderen christdemokratischen europäischen Schwesterparteien keineswegs unumstrittenen Solisten. Doch überkommenes Lagerdenken ist beim Umgang mit dem autoritären Ex-Dissidenten Orban fehl am Platz. Dessen Heilsbotschaften einer illiberalen Staatsdoktrin dürfen nicht hoffähig gemacht werden. Wer mit wilden Hunden spielt, muss sich über sich ausbreitende Flöhe im eigenen Pelz nicht wundern. Schon aus Eigeninteresse wären die EU-Partner und auch die CDU/CSU gut beraten, ihr Verhältnis zu Orban zu klären, sich von ihm klar abzugrenzen – und sich nicht mehr vorführen und endlos auf der Nase herumtanzen zu lassen.