In diesen Tagen häufen sich wieder Meldungen über Hunde, die zu lange der prallen Sonne ausgesetzt sind. Aber der Tierschutz der Stadt Stuttgart hat auch noch ganz andere Aufgaben zu bewältigen.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Jetzt, in den heißen Tagen, häufen sich die Vorfälle wieder: Hunde, die in Autos zurückgelassen werden, die in brütend heißer Sonne stehen. Die Tiere sind somit akut von einem Hitzetod bedroht. Das ist dann erst mal ein Fall für die Polizei und für die Feuerwehr, die das Nötigste veranlasst, damit das Tier möglichst schadenfrei aus diesem Backofen herauskommt. In der Fortschreibung ist dies dann ein Fall für die städtischen Behörden, konkret für die Tierschutzstelle, angesiedelt beim Amt für öffentliche Ordnung. Sie überprüft unter anderem, ob dies bei diesem Halter schon öfter vorgekommen ist, ob es weitere Hinweise für eine schlechte Tierhaltung gibt.

 

Meldungen aus vielen tierischen Bereichen

Seit acht Jahren arbeitet Christine Müller (Name von der Redaktion geändert) im Bereich Tierschutz. Da es doch etliche Vierbeiner und weitere Haustiere hier in der Stadt gibt, gibt es noch drei weitere Kolleginnen, und sie kooperieren eng mit diversen Fachleuten. Mit der Polizei und dem Städtischen Vollzugsdienst etwa in bereits genannten Fällen, die auch bei anderen problematischen Aufgaben vor Ort sind, etwa bei der Beschlagnahme eines Hundes. Außerdem wird das Veterinäramt hinzugezogen, wenn es um hygienische Fragen, tierschutzgerechte Haltung oder dergleichen geht, ebenso wenn eine Fortnahme eines Haustieres vorgenommen werden muss.

Entsprechend breit gefächert ist der Themenkatalog, den es zu bearbeiten gilt: Hunde, die zu viel bellen, die beißen, die ein wildes Tier gerissen haben, die in einem zu kleinen Käfig leben müssen, die einen ungepflegten Eindruck machen, Hundekot, der nicht eingesammelt wurde . . . – auch Beobachtungen mit anderen Tieren laufen bei Müller ein: „Vor allem jetzt im Sommer melden sich Leute, die feststellen, dass Kaninchen, Meerschweinchen oder Schildkröten in den Gärten unterwegs sind ohne eine Möglichkeit, sich im Schatten zu verkriechen. Ein Thema, das zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, ist ein fragwürdiger Handel mit Welpen. Dass in den Zeiten dieser Pandemie das Bedürfnis nach Haustieren, speziell nach Hunden gestiegen ist, schlägt sich hier nieder.

Umfassende Angaben helfen

Aber zurück zu den Beschwerden: War oder ist der Sachverhalt wirklich so, wie er geschildert wurde? Ist die Verletzung von Tier oder Mensch wirklich so wie beschrieben? – Was den unmittelbaren Vorgang selbst betrifft, gibt es nicht immer Zeugen, welche die Beschreibung von Konfliktsituationen wirklich bestätigen können. Müller: „Wir sind nicht vor Ort und sind deshalb auf die Darstellung des Sachverhaltes von allen Beteiligten angewiesen.“ Die Folgen können da schon besser eingeschätzt werden, etwa, ob es sich bei den Verletzungen des Opfers um Bisswunden oder um Kratzspuren oder um Schürfungen handelt. „Geht es um eine nicht tierschutzgerechte Tierhaltung, wird die Veterinärbehörde hinzugezogen“, so Müller, „geht es um Tiere, die beißen oder von denen generell eine Gefahr ausgeht, sieht sich das der Vollzugsdienst an.“

Drastische Entscheidungen drohen

Entsprechend vielseitig ist das Repertoire an Möglichkeiten, wie damit umgegangen werden kann. „Wird festgestellt, dass das Tier falsch ernährt wird, geben wir da schon Empfehlungen zur tiergerechten Nahrung“, nennt Müller ein Beispiel. Das Amt darf zu Tierärzten, Vereinen oder Tierfachleuten keine Empfehlungen aussprechen. „Aber wir können schon darauf hinweisen, dass es solche gibt und wo man deren Adressen finden kann“, so Müller. Aber da gibt es natürlich auch noch drastischere Entscheidungen: die Maulkorbpflicht etwa, in letzter Konsequenz die Beschlagnahmung eines Hundes oder die Fortnahme eines Tieres. Das ist dann doch eine sehr einschneidende Maßnahme, bei der heftige Reaktionen der Tierbesitzer durchaus vorkommen. „Da entstehen häufig sehr emotionale Situationen“, weiß Müller aus Erfahrung, „da die Halter die Probleme oft nicht erkennen oder ganz anders einschätzen.“ Die Frage sei da häufig, ob überhaupt der Wille da ist zur Änderung des Verhaltens.

Präzise Beschreibungen helfen

Müller: „Bevor es so weit kommt, prüfen wir genau und beziehen die jeweiligen Fachleute mit ein.“ Eine Beschlagnahme eines Hundes werde letztlich erst dann ausgesprochen, wenn alle Beteiligten zu dem Schluss kommen, dass es keine andere Möglichkeit mehr gibt, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Für manche, die in ihrer näheren Umgebung den Anblick eines leidenden Haustiers ertragen müssen, erscheint das als ein langer Weg. Müller: „Was uns bei der Entscheidung und bei der Einschätzung hilft, sind möglichst gute und umfassende präzise Beschreibungen der Situationen.“ Deshalb hält sie auch nicht viel von der Unterscheidung von Kampf- oder Listenhunden und anderen Hunden. „Man muss sich klarmachen: Auch ein Chihuahua kann ganz schön schmerzhaft agieren“, weiß Christine Müller aus Erfahrung, „letztlich kommt es auf die Haltung an.“ Zur geplanten Einführung eines Hundeführerscheins hat sie eine abwartende Haltung: „Wichtig ist, dass die Menschen sich vor der Anschaffung eines Haustieres umfassend darüber informieren, was das für das tägliche Leben künftig bedeutet.“ Ein Hund benötige die tägliche Beschäftigung mit ihm, er brauche konsequent Auslauf und Pflege. Das gelte für kleine wie für große Hunde. Und: „Die Rangordnung zwischen Hundehalter und Hund muss klar sein, damit es zu keinen Problemen kommt.“ Müller: „Für mich sollte zwingend vorgeschrieben sein, dass sich die Menschen vor Anschaffung eines Hundes informieren und sich über die Verantwortung im Klaren sind.“

Für eine Pflicht zur Information

Ob dies ein Hundeführerschein leistet – da will sie noch abwarten mit einer abschließenden Meinung. Zumal die Details dazu ja auch noch gar nicht bekannt sind. Müller: „Was geschieht etwa, wenn jemand durchfällt? Wie wird dann weiter vorgegangen?“ Da plädiert sie doch lieber zur Verpflichtung der Vorabinformation.