Orel Mangala rückte gegen Jahn Regensburg für Atakan Karazor in die Zentrale – und brachte viel in das Stuttgarter Spiel ein.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Regensburg - Nach allem, was man weiß, ist Tim Walter ein guter Fußballer gewesen. Technisch beschlagen und mit hohem Spielverständnis ausgestattet. Allerdings soll er auch sensibel gewesen sein und die Defensivarbeit gelegentlich für überschätzt gehalten haben. Ansonsten hätte es der damalige Mittelfeldspieler des ASV Durlach vielleicht über den oberen Amateurbereich hinaus gebracht.

 

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Als Fußballlehrer richtet Walter seinen Blick noch immer mutig nach vorne. Nur jetzt ist dem Trainer des VfB Stuttgart sehr bewusst, dass es für sein Spiel ein fein austariertes Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive braucht. Und dafür gibt es in seinem System einen zentralen Mann. Bisher war das Atakan Karazor. Betraut mit der komplexen Aufgabe, im Spiel mit Ball durch Positionswechsel nach vorne das geordnete Chaos auszulösen und gleichzeitig bei Ballverlusten die hinteren Reihen zu sortieren.

Entscheidung aufgrund der Trainingseindrücke

Karazor kann das. Der 22-Jährige schien der ideale Spielertyp dafür, weil er die Anforderungen und Abläufe aus dem gemeinsamen Jahr mit Walter bei Holstein Kiel kannte – und er zudem eine gute Vorbereitung absolvierte. Doch dann lief es bei Karazor in den Pflichtpartien nicht rund, und das berühmt-berüchtigte schwäbische Bruddeln nahm zu, wenn dem Mittelfeldspieler wieder ein Fehlpass unterlief – und der VfB in einen Konter lief.

Nun ist Walter keineswegs so veranlagt, dass er auf die Stimme des Fußballvolkes hört. Aber beim 3:2 in Regensburg hat er dennoch Karazor durch Orel Mangala ersetzt. „Das war eine Entscheidung aufgrund der Trainingseindrücke“, sagt der Coach. Sie sei nicht gegen einen Spieler ausgefallen, sondern für einen anderen. Und dieser andere hat seine Sache auf der Singlesechs gut gemacht. „Man hat gesehen, welche Ballsicherheit und was für eine Zweikampfstärke er mitbringt“, sagt Walter über Mangala.

Mangala ist kaum vom Ball zu trennen

Der Belgier ist selbst auf engem Raum kaum vom Ball zu trennen. Er überzeugte zudem mit starken Antritten und klugen Pässen. „Beim strategischen Denken muss er sich aber noch verbessern“, sagt Walter über den 21-Jährigen, der in der Vorsaison an den Hamburger SV ausgeliehen war. Selbstvertrauen hat er sich da geholt. Nach der Teilnahme an der U-21-EM und einer Verletzung ist Mangala nun mit seinem Startelfdebüt an dem Punkt angelangt, an dem er viel geben kann.

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„Wir haben sehr unterschiedliche Charaktere für das Mittelfeld“, sagt Sportdirektor Sven Mislintat, „und wir werden sie alle noch brauchen.“ So musste in der Continental-Arena zunächst auch Gonzalo Castro auf der Ersatzbank Platz nehmen. Für den Routinier brachte der zuletzt vom SV Sandhausen verpflichtete Philipp Förster mehr körperliche Robustheit ein.

Eine erfolgreiche Maßnahme, die zeigt, dass der Konkurrenzkampf ausgeprägt ist und Walter ein gutes Gespür für die Situation bewiesen hat. Der Trainer hat Karazor über mehrere Wochen das Vertrauen ausgesprochen – und tut es noch immer. Aber er hat eben nicht das Leistungsprinzip ausgehebelt. Dafür bietet ihm der größte Luxuskader der zweiten Liga zu viele Möglichkeiten.