Bei einem Projekt der Organisation Kinderhelden aus Stuttgart fördern Erwachsene Schüler, die Hilfe brauchen. Sie bilden dafür Tandems. In Corona-Zeiten müssen die Teams allerdings neue Wege gehen, was nicht einfach ist.
Büsnau/S-Mitte - Kinder sollen die gleichen Chancen haben. Das ist die Devise der Kinderhelden, einer gemeinnützigen Organisation in Stuttgart, die einzelne Schüler fördert. Dabei handelt es sich um Kinder von alleinerziehenden Eltern, aus kinderreichen Familien oder mit Migrationshintergrund. Manchmal können die Eltern ihr Kind nicht genug unterstützen.
Der Kinderhelden-Geschäftsführer Ralph Benz fasst zusammen, dass diese Kinder „schwierige Startbedingungen“ hätten. Durch sogenannte Lerntandems, bei denen ein Mentor einem Grundschüler hilft, soll das Potenzial der Kinder gefördert und dadurch Chancengleichheit hergestellt werden. „Die Mentoren sind ehrenamtliche Erwachsene – sowohl Studenten als auch Berufstätige“, erzählt Benz.
2019 wurden laut Benz mehr als 400 Kinder in Stuttgart gefördert. „2020 wird die Zahl sogar noch höher sein“, sagt er. Aus den Lerntandems wurden „DigiTandems“ gemacht. Das Gespann aus Kind und Mentor trifft sich auf digitalem Weg – ob per Telefon oder Internet. „Die Kinder wünschen sich jemanden als Lernbegleiter und Motivator außerhalb der Familie“, sagt der Geschäftsführer.
Stärken suchen und Selbstbewusstsein stärken
So ist es auch bei John und Valentin. John besucht die vierte Klasse der Steinbachschule in Büsnau und hat ghanaische Eltern. Valentin Buss ist ein 32-jähriger Ingenieur aus Vaihingen. Seit September sind die beiden ein Tandem; für Buss ist es das zweite Mal, dass er Mentor ist. Er will etwas aus John herauslocken. „Zwischen Oben und Unten gibt es Kinder, die Potenzial haben, aber nicht immer beachtet werden können“, sagt Buss. „Sie sind schüchtern.“ Er will mit ihnen ihre Stärken suchen und das Selbstbewusstsein stärken. Gerade jetzt würde sich diese Schere noch weiter öffnen, da die Unterstützung der Eltern umso wichtiger ist, meint der gebürtige Filderstädter.
Normalerweise treffen sich die beiden einmal die Woche für zwei Stunden an der Schule. Spiel- und Lernanteile halten sich die Waage. Auf dem Pausenhof spielen sie Badminton oder andere Ballspiele. „Es gibt aber auch mal einen Ausflug in den Zoo oder die Bibliothek“, erzählt Buss. Wenn John Schwierigkeiten bei den Hausaufgaben hat, bearbeiten sie diese gemeinsam. Der Ingenieur versucht sich dann in die Lage des Grundschülers zu versetzen und zu verstehen, wo das Problem liegt. „Es ist aber keine Hausaufgabenhilfe“, verdeutlicht er. John löst gerne Rätsel und liest viel.
Treffen finden per Videoanruf statt
Während der Corona-Pandemie mussten sich alle umgewöhnen. So finden die Treffen nicht mehr an der Schule, sondern per Videoanruf statt. „Jetzt scanne ich die Seiten des Rätselheftes ein und schicke sie ihm“, erzählt Buss. Johns Mutter fragte zuletzt, ob der Vaihinger bei Hausaufgaben zur schriftlichen Division helfen könne, sie selbst sei überfragt. Auch Buss musste sich zuerst ein wenig einlesen. Einer Woche später beherrschte John die Rechenart aber schon bestens. „Den Fortschritt bei den Kindern zu sehen, ist etwas Besonderes.“
Ansonsten spielen die beiden via Videoanruf „Schiffe versenken“ oder „Stadt, Land, Fluss“. Der Spaßanteil kommt also nicht zu kurz. Sowohl dem Schüler als auch dem Mentor fehlt aber der persönliche Kontakt. Sie pflegen ein sehr gutes Verhältnis. „John ist für mich wie ein kleiner Bruder, der mich als Autoritätsperson respektiert“, sagt Buss.
Zu den Kooperationsschulen der Kinderhelden gehören die Steinbachschule in Büsnau und die Fasanenhofschule. Für das Projekt „DigiTandem“ werden noch ehrenamtliche Mentoren gesucht. Weitere Infos gibt es unter Telefon 0711/34 24 77 23 oder im Internet unter www.kinderhelden.info, hier ist auch eine direkte Anmeldung möglich.