Markus Moskau ist der Kopf der Fridays-for-future-Bewegung in Ludwigsburg. Er vertritt deutlich linke Positionen. Um die Wende zu schaffen, brauche es mehr als die Anstrengung jedes Einzelnen – sondern einen Bruch mit dem System, sagt er.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Markus Moskau hebt seinen linken Arm. Er trägt mehrere Bändchen um sein Handgelenk, auf einem schwarzen steht in weißer, verschnörkelter Schrift „Idealist“. Manche Menschen, meint Moskau, müssten Idealisten sein, sonst komme die Gesellschaft nicht voran. Er zählt sich zu diesem Kreis. Deshalb hat der 18-Jährige die Ortsgruppe von Fridays for Future in Ludwigsburg gegründet. Wenn Moskau von den Anfängen seines Engagements erzählt, dann hört es sich aber gar nicht idealistisch an. Eher so, als sei er zu der Bewegung gekommen, wie die Jungfrau zum Kind. Zufällig.

 

„Vor 2019 war mein Klimabewusstsein verbesserungswürdig“, sagt der gebürtige Saarbrücker. Dann aber sei er in den Medien mit der Klimathematik konfrontiert worden, er habe mitbekommen, dass sich am Bodensee und in Stuttgart Schüler zusammengetan hatten – und so wurde auch er aktiv. „Nur Protest und Druck bringen Veränderung“, ist der Aktivist überzeugt. Aus einer kleinen Whatsapp-Gruppe mit vier Mitgliedern wurden schnell mehr. Heute zählt die Ortsgruppe 550 junge Menschen.

Nur wenige Menschen profitieren vom Wirtschaftssystem

Aber ganz so aus heiterem Himmel kommt das Engagement dann doch nicht. Moskau ist schon länger politisch interessiert. 2017 trat er in die Linksjugend Solid ein, inzwischen sitzt er im Kreisvorstand der Linken und ist Delegierter im Bundeskongress der Jugendorganisation.

Warum er einst den Linken beitrat? Moskau zuckt mit den Schulter: „Eigentlich wollte ich mal Polizist werden.“ Aber zu den Zielen von Fridays for Future passten viele Positionen der Partei sehr gut. „Wir arbeiten nur für den Profit, produzieren, produzieren, produzieren. Das bringt nur ganz wenigen Menschen in den Chefetagen etwas“, sagt Moskau. Letztlich sei die Fixierung auf das Wirtschaftssystem auch der Grund dafür, dass das Klima kaputt gehe. Die Linke sei die einzige Partei, die sich konsequent dagegenstelle. Der Ludwigsburger will mit seinem Engagement vor allem erreichen, dass sich Menschen kritischer mit dem Kapitalismus auseinandersetzen.

„Wie kann es sein, dass Heckler und Koch Waffen nach Saudi-Arabien liefert – und dass anderswo damit Krieg geführt wird“, sagt Moskau. Seine Stimme überschlägt sich dabei fast. Solche Dinge habe er für sich erkannt, „und ich denke, dass ich damit Recht habe“. Diskutieren könne man trotzdem mit ihm, beteuert Moskau.

Einen Minimalkonsens gibt es immer

Ohne Diskussionen geht es bei den Fridays for future auch gar nicht. Zu unterschiedlich sind die Hintergründe der Teilnehmer, zu divers die Ideen und Meinungen. Moskau findet zum Beispiel, dass der Einzelne nur wenig tun kann, um den Klimawandel aufzuhalten. „Ich tue mich schwer damit zu sagen: Leute, hört auf, Fleisch zu essen.“ Andere führende Köpfe der Bewegung sehen das komplett anders. Der Minimalkonsens, auf den man sich aber immer einigen könne – egal ob zuletzt auf dem Sommerkongress in Dortmund, bei den wöchentlichen Treffen mit der Ortsgruppe, oder bei etlichen Telefonkonferenzen, bei denen die bundesweiten Aktionen abgestimmt werden – ist der Klimastreik. Gemeinsam freitags auf die Straße zu gehen, eint die Aktivisten und erzeuge ein „riesiges Gemeinschaftsgefühl“, so Moskau. „Wenn man sich darauf einlässt, dann macht das etwas mit einem.“ Dass jungen Menschen, die zu den Demonstrationen kommen, mit dem Thema Klimaschutz konfrontiert würden, sei schon ein Erfolg an und für sich. Und die Bewegung habe es geschafft, Klimaschutz zum bestimmenden gesellschaftlichen Thema zu machen. „Seit es Fridays for future gibt, hat die Klima- die Flüchtlingsdebatte abgelöst“, sagt Moskau.

Schwänzer-Vorwürfe wischt Moskau beiseite

Die Vorwürfe, viele Schüler nähmen an den Demos teil, weil sie so nicht die Schulbank drücken müssen, wischt Moskau beiseite. „Wenn ich schwänzen wollen würde, dann würde ich daheim bleiben, mir eine Pizza bestellen und Videospiele spielen.“ Diejenigen, die nur wegen des Gruppendrucks kommen würden, würden auch schnell wieder gehen. Aber viele sind geblieben. Deutschlandweit zählt Fridays for future mittlerweile 320 000 Mitglieder.

Wohin die Bewegung steuert? Schwer zu prognostizieren, auch für Moskau. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sich politisch nichts ändern wird“, sagt der 18-Jährige. Er selbst wird nur noch für absehbare Zeit die Proteste in Ludwigsburg organisieren. Im kommenden Jahr beginnt er ein Jurastudium an der Freien Universität in Berlin. Und danach? Auch darauf hat Moskau noch keine Antwort. „In den 40 Stunden, die ich in der Woche aufbringe, will ich irgendetwas machen, womit ich die Welt verbessere.“ Klingt so, als trage Markus Moskau das schwarze Armband zurecht.