Nach dem Organspende-Skandal von Göttingen und Regensburg werden härtere Strafen gefordert.

Regensburg - Der Ruf nach Konsequenzen aus dem Organspende-Skandal an den Unikliniken in Göttingen und Regensburg wird lauter. Politiker forderten härtere Strafen für Täter. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, wiederum kritisiert Regierung und Justiz in Bayern und warf ihnen Versagen war. Unterdessen wird spekuliert, dass der beschuldigte Oberarzt am Klinikum Regensburg kein Einzeltäter war. Die Staatsanwaltschaft hat dafür aber noch keine konkreten Anhaltspunkte.

 

Die Prüfungen stünden noch am Anfang, sagte der stellvertretende Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg, Markus Pfaller, am Freitag. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, dass der beschuldigte Oberarzt wahrscheinlich kein Einzeltäter war. „Wir können das zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen. Wir können keine Vermutungen und Spekulationen anstellen“, sagte Pfaller.

Noch mehr Beteiligte in Regensburger Klinik?

Dem Zeitungsbericht zufolge ist die Zahl der Lebertransplantationen in Regensburg auch nach dem Weggang des beschuldigten Oberarztes noch einmal drastisch gestiegen. Die Zahl habe sich binnen Jahresfrist um mehr als 40 Prozent erhöht - von 48 Transplantationen im Jahr 2008 auf 69 im Jahr 2009. Eine solche Steigerung gelte als ungewöhnlich.

Ärztepräsident Montgomery attackierte die bayerischen Behörden. Im rbb-Inforadio sagte er, der verdächtige Oberarzt aus Regensburg sei schon 2005 ins Visier der Ermittler geraten. „In Bayern haben gerade die staatlichen Gremien versagt, denn wir haben damals mit der Selbstverwaltung diesen Fall aufgedeckt. Wir haben mit den bayerischen Institutionen gesprochen. Niemand hatte auch nur die Spur eines Interesses, diesen Fall damals zu verfolgen“, sagte Montgomery.

Jordanische Patienten auf europäischer Warteliste

Nach Angaben des Regensburger Uniklinikums waren damals verbotenerweise jordanische Patienten auf eine Warteliste für europäische Transplantationspatienten gelangt. Außerdem war illegalerweise eine Leber in Jordanien transplantiert worden. Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl hatte am Donnerstag erklärt, nach den damaligen Ermittlungen sei das Verhalten des Arztes nicht strafbar gewesen, sondern möglicherweise eine Ordnungswidrigkeit. Es habe keinen Anlass für weitere Ermittlungen gegeben.

In der Tageszeitung „Die Welt“ betonte Montgomery: „Ich halte überhaupt nichts von einer staatlichen Aufsicht oder von staatlichen Gremien.“ Denn „weder das bayerische Wissenschaftsministerium noch die Strafverfolgungsbehörden haben ein Interesse gezeigt“, die Unregelmäßigkeiten an der Uniklinik Regensburg vor sieben Jahren aufzuklären.

Spahn fordert harte Strafen

Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn verlangte harte Strafen für die Verantwortlichen des Skandals. „Ich finde es jetzt ganz, ganz wichtig, dass es durch drastische Strafen zu einer Abschreckung kommt“, sagte Spahn. Es müsse mit Berufsverboten oder Strafen bis zu Gefängnis durchgegriffen werden. Dann könne man auch das Vertrauen in die Organspende wieder stärken. Spahn schloss nicht aus, dass die Gesetze zum Thema erneut überprüft werden. Es gehe um die Frage, ob die Ärztekammern und die Deutsche Stiftung Organtransplantation, eigenständig kontrollieren oder ob dafür eine staatliche Behörde notwendig sei.

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation verlangte eine bessere Aufsicht. „Man muss aus dem Fall sicher die Konsequenz ziehen, dass man eine zusätzliche Kontrolle einführen muss“, sagte der medizinische Vorstand der Stiftung, Professor Günter Kirste. Solange es ein Mangel an Organen gebe, müsse die Verwaltung korrekt geregelt werden. „Dazu gibt es gute Regeln der Bundesärztekammer, aber die müssen eben eingehalten werden.“ Skeptisch zeigte sich Kirste im Bayerischen Rundfunk, ob das neue Transplantationsgesetz, das am 1. August in Kraft trat, dem Missbrauch einen Riegel vorschieben könnte. „Ich glaube das kann kein Gesetz.“

Der Skandal um die Zuteilung von Organspenden war vor zwei Wochen aufgekommen, weil der als „Doktor O.“ bekannte Oberarzt zuerst in Regensburg und später im Göttinger Uniklinikum Krankenakten gefälscht haben soll. Dabei soll er die Krankheit auf dem Papier verschlimmert haben, damit den betreffenden Patienten schneller eine neue Leber implantiert wurde - obwohl andere sie vielleicht nötiger gehabt hätten. Der Arzt, der seit November vom Dienst suspendiert ist, bestreitet nach Angaben der Göttinger Klinik die Vorwürfe.

Die bayerischen Grünen wollen das Thema im Landtag auf die Tagesordnung setzen. „Nachdem der Fall nun auch auf Bayern übergegriffen hat, sollte die Staatsregierung nun auch Rede und Antwort stehen müssen“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin Theresa Schopper. Die Grünen fordern die Staatsregierung auf, etliche Fragen zu beantworten: Unter anderem, inwieweit der Regierung bekannt war, in welchen Kliniken, wie lange und in welcher Form der angeklagte Oberarzt gearbeitet hat und ob es „Hinweise auf monetäre Vorteile“ gab. „Zudem würden wir gerne wissen, welche Maßnahmen die Staatsregierung ergreift, welche beibehalten oder geändert werden, um solche Manipulationen in Zukunft zu verhindern“, sagte Schopper.