Die Stiftung Organspenden ist wegen ihres finanziellen Gebarens in Kritik. Es gibt kein krasses Fehlverhalten, aber kritische Fragen an den Bundesvorstand.

Berlin - Es begann am 7. Oktober 2011. An diesem Tag erhielten Politiker und Mediziner eine anonyme E-Mail, in deren Betreffzeile die Worte „Offener Brief der DSO-Mitarbeiter“ stand. In der Mail wurden Vorwürfe gegen den Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) erhoben – also der Stiftung, die in Deutschland gemäß dem Transplantationsgesetz für die Koordination von Organspenden für Schwerkranke zuständig ist. Der Vorstand der DSO, so der Tenor der Mail, betreibe Vetternwirtschaft, verschwende Gelder und lege eine Selbstbedienungsmentalität an den Tag.

 

Diese Mail löste im politischen Berlin eine große Sorge aus. Denn just zu diesem Zeitpunkt arbeiteten die Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen an einem Konzept, um die Bereitschaft der Bürger zu Organspenden zu erhöhen. Nichts wäre somit ungelegener gewesen als eine öffentliche Debatte über vermeintliche oder tatsächliche Missstände, die vielleicht das Vertrauen in die DSO erschüttert hätte. Eben deshalb lief die Aufklärung über die Vorwürfe in strikter Geheimhaltung ab. Doch damit ist nun Schluss. Denn am Dienstag beriet der Gesundheitsausschuss des Bundestages über den Bericht eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens, den der Stiftungsrat der DSO angefordert hatte.

Kein First-Class-Flug, aber Möbel für eine halbe Million

Dieser Bericht entkräftet viele Vorwürfe. So hat zum Beispiel der Geschäftsführer der DSO nicht jedes Jahr einen neuen Dienstwagen bestellt und sich auch keinen First-Class-Flug nach Los Angeles gegönnt. Zweifel bringen die Prüfer aber mit Blick auf die Anschaffung von Büromöbeln vor, die 490 000 Euro gekostet haben. Und aus Sicht von Teilnehmern der Sitzung des Ausschusses ist es auch seltsam, dass die gemeinnützige Stiftung eine Zeit lang mehr als 100 000 Euro für eine Beraterfirma ausgab, die in Berlin Lobbyarbeit betreibt: „Warum gibt die DSO, die vom Staat beauftragt wurde, Geld aus, um mit Politikern ins Gespräch zu kommen?“

Das Fazit des Prüfberichts: bei der DSO gibt es zwar kein krasses Fehlverhalten, das strafrechtlich relevant wäre, aus Sicht eines Abgeordneten zeigen sich aber „Kuriositäten“, die abgestellt werden müssen. Diese Botschaft gab der Ausschuss dem Stiftungsrat mit, der an den Beratung teilgenommen hatte. So wollen die Parlamentarier auch wissen, wie viel Geld die DSO für ihre Verwaltung ausgibt. Diese Summe hatte der Stiftungsrat am Dienstag nicht parat, was in der Tat seltsam ist. Denn normalerweise haben Firmen, Verbände und große Stiftungen ein Controlling, das laufend betriebswirtschaftliche Kennziffern erhebt. Die Abgeordneten aller Fraktionen vertreten die Ansicht, dass der Stiftungsrat die Kontrolle des Vorstands effizienter handhaben muss. Fortschritte bei dem Thema werden erwartet.

Stiftung muss über jeden Zweifel erhaben sein

Denn nur wenn die Organspendestiftung über jeden Zweifel erhaben ist und öffentliches Vertrauen genießt, hat das Konzept eine Chance, das der Bundestag fast einmütig zur Förderung von Organspenden beschlossen hat: Nach diesem Plan sollen die Krankenkassen künftig die Bürger regelmäßig anschreiben und sie bitten, sich über ihre Bereitschaft für eine Spende Gedanken zu machen.