64 Fragen bis zum richtigen Studienfach: Für Studienanfänger wird das Orientierungsverfahren zum nächsten Wintersemester zur Pflicht.

Stuttgart - Einen Konstruktionsplan entwerfen interessiert mich: gar nicht, wenig, etwas, ziemlich, sehr. Oder: Unerforschten Fragen nachgehen interessiert mich: gar nicht, wenig, etwas, ... 64 Fragen wie diese sollen Studenten helfen, das richtige Studienfach zu finden, meint das baden-württembergische Wissenschaftsministerium. Am Ende kann herauskommen, dass man Byzantinistin werden sollte, dass man dahin über die Sprachwissenschaften oder die Ethnologie kommt und dass die Interessen im sprachlichen, im forschenden und im ordnend-systematisierenden Bereich besonders ausgeprägt sind.

 

Der Test ist hinreichend vage und nicht mehr als eine erste Orientierung. Dass er dennoch nötig sein könnte, ist nach den Erfahrungen vieler Studentensekretariate nicht von der Hand zu weisen: Ein halbes Jahr vor Semesterbeginn wissen viele Studieninteressierte nicht, was sie eigentlich studieren sollen, erläutern die Berater. Wer ein Studium anfängt, sollte sich vorher schlau machen, was es an Studienfächern gibt, und welche Fächer seinen Interessen und Fähigkeiten entsprechen.

Vom kommenden Wintersemester an, das im Oktober beginnt, müssen künftige Studenten in Baden-Württemberg bei der Bewerbung um einen Studienplatz nachweisen, dass sie an einem Orientierungsverfahren zur Studienwahl mitgemacht haben. Für potenzielle Lehramtsstudenten gibt es einen speziellen Test. Dieser war bisher nur empfohlen worden, zum Wintersemester wird er ebenfalls verbindlich. Ausgenommen von dieser Pflicht sind Kunst- und Musikhochschulen sowie Studenten an der dualen Hochschule (der früheren Berufsakademie). Letztere können nur studieren, wenn sie bereits einen Ausbildungsplatz bei einem Unternehmen haben.

Die Studienfachwahl wird schwieriger

Benedikt Hell, der Beauftragte für Auswahl und Orientierungsverfahren an der Universität Konstanz, ist mitverantwortlich für das Online-Verfahren. Die erste Version des Tests wurde im Jahr 2005 an der Universität Hohenheim entwickelt, die Uni Konstanz hat den Test ausgeweitet. Hell findet, dass die Wahl eines Studienfachs für Schulabgänger heute schwieriger ist als früher. Der Psychologe sagt: "Die Hochschulen entwickeln seit Einführung des Bachelors zunehmend spezialisierte Studienangebote, unter denen sich die Schulabgänger wenig vorstellen können". Wer wisse schon, was man mit Facility Management anfangen könne.

Der Test soll Studenten bei der Orientierung helfen, aber auch Hochschulen darin unterstützen, die richtigen Studenten zu finden. "Der Test funktioniert im Prinzip so ähnlich wie eine Partnerbörse", sagt Hell. "Die Ratsuchenden geben ihr persönliches Profil ein, die Hochschulen die Studiengangprofile - und der Computer vergleicht die Angaben miteinander".

400.000 Freiwillige haben den Test gemacht

Das Verfahren kann landesweit eingesetzt werden. Der allgemeine, fächerübergreifende Interessenstest mit den 64 Fragen ist verpflichtend, die Teilnahmebescheinigung kann man sich selbst ausdrucken. Zusätzlich bietet das Ministerium drei freiwillige Fähigkeitstests an, die Studieninteressierten weitere Informationen liefern können. In 30 Minuten kann man sein rechnerisches Denken mit Zahlenreihen, Tabellenauswertungen und Wurzelziehen überprüfen. Sprachliches Denken kann ebenso getestet werden wie das bildhafte Denken und das räumliche Vorstellungsvermögen. 

In Freiburg absolvieren die Studenten den Test bereits seit 2008

Den Orientierungstest, den das Ministerium seit einem Jahr im Internet anbietet, haben inzwischen schon rund 400.000 Interessierte freiwillig absolviert. Nach Angaben des Wissenschaftsministeriums haben sich rund 30 der 56 staatlichen Hochschulen in Baden-Württemberg für diesen Test als Bestandteil der Studienplatzbewerbung entschieden. Es gebe bereits Anfragen aus anderen Bundesländern.

Manche Hochschulen setzen den Test nur für einige Studiengänge ein. Dazu gehört beispielsweise die Universität Freiburg. Sie entwickelt bereits seit 2008 eigene Programme für die jeweiligen Fächer.

Der Freiburger Online Studienwahl Assistent (OSA) ist ein Projekt, das aus Studiengebühren und Geld aus dem Programm exzellente Lehre finanziert wird. Pro Fach läuft das Internetprogramm 90 Minuten und geht deutlich mehr in die Tiefe als das Landesprogramm. In Selbsttests können die Interessenten ermitteln, wie stark ihre Erwartungen an das Fach mit ihren Interessen und den tatsächlichen Anforderungen übereinstimmen. Studenten berichten von ihren Erfahrungen. Das Programm wurde bereits von Stifterverband ausgezeichnet. OSA ersetzt in Freiburg den verbindlichen Interessenstest. Es sei jedoch noch nicht für alle Fächer ausgebaut, sagt ein Sprecher der Universität. Für die weißen Flecken übernehme man auch in Freiburg übergangsweise das Landesprogramm.

Der Interessenstest ist ohnehin nur eine Möglichkeit, seine Orientierung nachzuweisen. Künftige Studenten, die an einer Studienberatung teilgenommen haben, benötigen ihn ebenfalls nicht.

Geschützte Daten

Internet Der landesweite Selbsttest zur Studienorientierung findet sich unter www.was-studiere-ich.de und kann online absolviert werden. Der Lehrertest steht unter www.bw-cct.de

Datenschutz Die Auswertung der Tests samt der Empfehlungen für Studiengänge erhalten nur die Studieninteressierten. Die Hochschule bekommt nur die Teilnahmebescheinigung.