Seit mehr als einem Jahr ist die Trendsportanlage auf dem Göppinger Theodor-Heuss-Platz in Betrieb. Für ein harmonisches Miteinander unter den Nutzern und ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn sorgen die Mitglieder des Skatevereins SIS.

Göppingen - Für viele Jugendliche ist die Anlage schon so etwas wie ein zweites Wohnzimmer geworden. Der sogenannte Ort der Vielfalt auf dem Göppinger Theodor-Heuss-Platz wurde im April 2017 eröffnet. Seitdem treffen sich dort vor allem Teenager und junge Erwachsene, um in ihrer Freizeit mit dem Skateboard, dem BMX-Rad oder dem Roller über Hindernisse, die Rails, Trails, Quarterpipes, Banks, A-Frames oder Curbs heißen, zu fahren oder zu springen. Direkt daneben gibt es einen Kinderspielplatz, eine Boulderwand, mehrere Parkour-Geräte sowie das Bewegungsangebot „Fünf Esslinger“ für Senioren. Der „Treffpunkt der Generationen“, wie die Stadt den Platz beschreibt, erfüllt die ihm zugedachte Rolle. Das liegt auch daran, dass sich die Nutzer des Skateparks um ein gutes Miteinander bemühen.

 

Kein Vandalismus, keine Schmierereien

„Trotz des hohen Nutzungsdrucks hat sich gezeigt, dass die Göppinger sehr achtsam mit ihrem Platz umgehen: Vandalismus und Schmierereien sucht man vergebens am Ort der Vielfalt“, stellt Dejan Birk-Mrkaja fest, einer der Sprecher der Stadt. Alle Nutzungsbereiche seien tagsüber fast nonstop belegt. „Man geht dort hin, um sich zu treffen, sich auszutauschen und Sport zu treiben.“ Gekostet hat die Anlage 1,2 Millionen Euro, und inzwischen ist sie um zwei weitere Trendsportanlagen gewachsen, bei deren Bau Jugendliche mit angepackt haben: eine Pumptrack beim Jugendtreff Faurndau und eine Indoor-Skateanlage im Freihof-Gymnasium für die Schulen. „Die Akzeptanz ist riesig. Göppingen entwickelt sich weiter zur Trendsport-Stadt“, sagt Birk-Mrkaja.

Die Skateparks, wie sie heute weltweit zu finden sind, haben ihren Ursprung in Kalifornien. Skateboarder sollen irgendwann in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf die Grundstücke verlassener Häuser eingedrungen sein, um in den leeren Swimmingpools zu skaten. Die Formen vieler Trendsportanlagen erinnern bis in die Gegenwart vielerorts an einen Swimmingpool, dem das Wasser abgelassen wurde. Nun ist Göppingen nicht Los Angeles und der Theodor-Heuss-Platz nicht Venice Beach. Aber zumindest in der Region gehört die Skateanlage mit zum Besten, was es im Bereich Trendsport gibt. Das hat natürlich so seine Auswirkungen.

Ein Verein kümmert sich um die Anlage

Inzwischen gibt es Fahrer in Göppingen, die ihren Sport auf einem hohen Niveau ausüben. „Man kann bei uns aus jeder Range springen. Und wir haben unzählige verschiedene Lines“, erklärt Simon Zimmermann. Der BMX-Fahrer ist Vorsitzender des Vereins SIS (Skateboard Inline Snakeboard). Die Mitglieder kümmern sich um den Platz. Regelmäßig sammeln sie herumliegenden Müll ein. Auch bei Konflikten unter den Nutzern der Anlage vermitteln die SIS-Leute. Neuen Fahrern erklären sie die Regeln auf dem Platz. Das ist nötig, um Unfälle zu vermeiden, denn die vielen Routen in der Anlage kreuzen sich häufig. Achten nicht alle aufeinander, kommt es schnell zu einem Zusammenstoß.

„Sind Profis am Werk, kann immer nur einer fahren“, sagt Zimmermann. Zu den Hochzeiten am Abend tummeln sich aber schon einmal zwei Dutzend Skateboard-, BMX- und Rollerfahrer auf der Anlage. Hinzu kommen regelmäßig Zuschauer, die mit etwas Glück hochkarätigen Sport beobachten können. Zu den regelmäßigen Zaungästen gehören auch die Bewohner der benachbarten Seniorenwohnanlage der Wilhelmshilfe. Für sie ist der Platz inzwischen ein beliebtes Ausflugsziel.

„Die schönen Sitzmöglichkeiten werden von etlichen unserer Bewohner gerne genutzt, um entweder den Skatern oder den spielenden Kindern zuzusehen“, erklärt Bärbel Heim von der Wilhelmshilfe. Auch das Bewegungsangebot „Fünf Esslinger“ sei für einige ältere Leute ein Anlass, den Platz zu besuchen. Die regelmäßig angebotenen Schnupperkurse für dieses Bewegungsangebot würden gut angenommen. Darüber hinaus gebe es Bewohner, die wöchentlich kämen, um an den Geräten der „Fünf Esslinger“ zu trainieren.

Der SIS sei um ein entspanntes Verhältnis zur Nachbarschaft bemüht. „Ein gutes Miteinander ist uns wichtig. Viele Leute haben ein negatives Bild von Skatern“, berichtet Simon Zimmermann. Eine große Lärmschutzwand, die zugleich als Boulderfläche dient, bewirkt, dass es den Nachbarn nicht zu laut wird. Und zu den Skate-Open, einer jährlichen Veranstaltung auf dem Platz, werden die Bewohner der Wilhelmshilfe eingeladen.

Ebenso wie sich der Verein um ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn bemüht, soll es auch unter den Nutzern der Anlage harmonisch zugehen. „Es wird niemand gemobbt, es wird nicht gekifft, und es darf auch nicht geraucht werden, wenn man noch nicht volljährig ist“, erklärt Zimmermann. Wer sich nicht an die Regeln halte, werde weggeschickt. „Wir sind hier, um eine gute Zeit zu haben. Und wir müssen zusehen, dass es allen gut geht“, betont er.

Problematisch findet Zimmermann indes, wenn Eltern ihre Kinder zum Spielen auf die Skateanlage schicken. Denn wer dort fahren wolle, müsse das Sportgerät, egal ob Skateboard, Roller oder BMX-Rad, wirklich gut beherrschen – schon deshalb, weil etwa ein Skateboard keine Bremsen hat. Die Rampen sind steil, und der Boden ist hart. „Der Ort der Vielfalt ist zwar für alle. Aber dieser Bereich ist eine Sportanlage und kein Spielplatz“, stellt er klar.