Der Verkehrslandeplatz Lahr findet keinen Investor aus der Wirtschaft. Deshalb greift die Stadt zu und plant, das Gelände zu kaufen.  

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Lahr - Kaum ist der Papst abgeflogen, wird ein neues Kapitel beim Verkehrslandeplatz Lahr aufgeschlagen: Die Stadt Lahr im Ortenaukreis will mit einstimmiger Unterstützung des Gemeinderats 208 Hektar des Geländes kaufen, auf dem sich die Start-und-Lande-Bahn und die Betriebsgebäude befinden. Das Areal des ehemaligen kanadischen Militärflughafens ist zum größeren Teil bereits verkauft und als Gewerbefläche vermarktet. Die Flugbetriebsflächen und die Anteile der Flugbetriebsgesellschaft sind von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) zum Verkauf ausgeschrieben, sie gehören der Bundesrepublik Deutschland.

 

Doch bisher hat sich anscheinend kein Interessent gemeldet und der bisherige Betreiber, die Black Forest Airport Lahr GmbH, ist anscheinend nicht mehr in der Lage oder willens, das anhaltende Defizit auszugleichen. Gerüchte darüber hatte es bereits im Sommer gegeben. Die Muttergesellschaft, die internationale Investmentgesellschaft Babcock & Brown, ist nach australischem Recht insolvent und muss daher ihr Vermögen veräußern, dazu gehört auch die Fluggenehmigung für den Verkehrslandeplatz. Sie ist allerdings beschränkt auf Fracht, Passagierflüge bedürfen einer Ausnahmegenehmigung.

Der Flugplatz hat ein Handicap

"So wie ein Bauer um den Hof herum möglichst viel Land kauft, um seinen Hof zu stärken, hat die Stadt jetzt Gelände gekauft, um Lahr zu stärken", begründet der Lahrer Oberbürgermeister Wolfgang Müller gegenüber der Stuttgarter Zeitung den Zugriff auf die große Fläche westlich der Stadt in Richtung Rheintalautobahn. Das verkehrsgünstig gelegene Gelände ist jetzt schon Basis für international tätige Industrie- und Logistikunternehmen, der Frachtflugplatz könnte eigentlich eine bedeutende Rolle für sie spielen.

Könnte. Aber die Logistikunternehmen nutzen den Flugplatz kaum, denn er hat ein Handicap: Das Bundesfinanzministerium verweigert ihm die Dauerpräsenz von Zollbeamten. Jedes Frachtaufkommen, das zollpflichtig ist, muss daher zuerst angemeldet werden, dann kommen die Zöllner und machen ihre Arbeit. Offensichtlich ist das den Logistikern zu umständlich, zu unsicher oder zu unflexibel.

"Wir werden eine neue Konstellation schaffen"

Jedenfalls ist das Frachtaufkommen kaum der Rede wert. Der Verkehrslandeplatz macht durch spektakuläre Landungen von Staatsgästen wie dem Papst zwar von sich reden, aber kein nennenswertes Geschäft. Schon seit Jahren trudelt der Lahrer Flugplatz. Die früheren CDU/FDP-Landesregierungen hätten ihn "als Stiefkind behandelt", klagt der Lahrer Oberbürgermeister. Ihr "Lieblingskind" sei der Baden Airpark in Söllingen nahe Karlsruhe gewesen. Eine Zeit lang hatte es so ausgesehen, als ob Lahr die Destination für den Europa-Park Rust werden könnte, denn es wurde eine Ausnahmegenehmigung erteilt: Passagiere mit Parkticket dürfen in Lahr landen. Doch es ist keine Fluggesellschaft auf das Geschäftsmodell abgefahren. "Wir werden eine neue Konstellation schaffen", beteuert Oberbürgermeister Wolfgang Müller. Welche, will er nicht verraten, es sei aber "alles gut überlegt".

Die Stadt wird sich nicht an der Betreibergesellschaft beteiligen, daher gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es einen neuen Betreiber oder der bisherige Betreiber bleibt und bekommt bessere Konditionen. Denn Babcock & Brown hat viel Geld in die Infrastruktur investiert und wäre wohl froh, es flösse irgendwann etwas davon zurück. Auf jeden Fall müsste - wieder einmal - ein neues Konzept her, um Geschäft hereinzuholen. Vielleicht ginge es ja auch ohne Flugzeuge. "Man muss auch an Alternativen denken", wagt sich die Offenburger Landtagsabgeordnete Sandra Bosert (Grüne) an das Flug-Tabu. Auf dem Gelände könnte auch Fotovoltaik stehen, auf der Rollbahn wäre eine Teststrecke für E-Mobile möglich. Und ein Papst könnte trotzdem mal wieder landen.

Die Landebahn eignet sich für Interkontinental-Maschinen

Lizenz: Der Black Forest Airport liegt an der A5 zwischen Freiburg und Offenburg. Er ist ein Sonderflugplatz für Luftfracht und hat eine eingeschränkte Passagierlizenz für Besucher des Europa-Parks. Er ist zugelassen für Flugzeuge und Hubschrauber bis zu 20 Tonnen MTM. Die über 3000 Meter lange Rollbahn ist auch für interkontinental fliegende Maschinen tauglich. Der Airport wird auch für Staatsbesuche genutzt, zuletzt landete und startete dort am Wochenende Papst Benedikt XVI.

Kanadier: Der Flugplatz stand nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst unter französischem, dann unter Nato-Kommando, seit 1966 war er Horst der kanadischen Luftwaffe, die in Lahr ihr europäisches Hauptquartier hatte. Es waren Starfighter, später Tornados stationiert. Nach dem Abzug der Kanadier 1991 übernahmen in raschem Wechsel nacheinander mehrere Betreibergesellschaften den Luftverkehr, eine Passagierlizenz verweigerte die Landesregierung 2002, ein Prozess dagegen wurde nicht zu Ende geführt.