Der Ortenaukreis hat den geringsten Umlagesatz im ganzen Land. Der Landrat Frank Scherer versucht zu erklären, warum das so ist.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Ortenaukreis - Mit einem Hebesatz von 27,5 Prozent ist der Ortenaukreis in Sachen Kreisumlage der Primus in Baden-Württemberg. Dennoch habe man in den vergangenen Jahren kräftig in Infrastrukturmaßnahmen investiert, sagt der Landrat Frank Scherer. Er räumt aber auch ein, dass die Rahmenbedingungen dort andere sind als etwa im Rems-Murr-Kreis.

 
Herr Scherer, der Ortenaukreis verlangt von seinen Kommunen den niedrigsten Kreisumlagehebesatz in ganz Baden-Württemberg. Warum sind Sie so bescheiden?
Wir sind nicht bescheiden im Sinne von anspruchslos. Aber wir haushalten sehr wirtschaftlich und effizient. Zudem verfolgen der Kreistag und meine Verwaltung seit Jahren einen gemeinsamen Kurs, der aus einem ausgewogenen Dreiklang von Investitionen in Kreisinfrastrukturen, Entschuldung des Kreises und Entlastung der Kommunen durch eine möglichst niedrige Kreisumlage besteht. Das hat sich bewährt. So haben wir allein in meiner ersten achtjährigen Amtszeit nicht nur ordentlich investiert, unter anderem rund 300 Millionen in Schulen, Radwege und Straßen sowie Kliniken, sondern zugleich haben wir die Schulden um mehr als die Hälfte auf 21,5 Millionen reduziert – und das alles immer mit einer sehr niedrigen Kreisumlage.
Was machen Sie anders als etwa der Kollege Richard Sigel im Rems-Murr-Kreis?
Das kann ich nicht beurteilen. Sicherlich gibt es auch sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen. Unsere Finanzpolitik im Ortenaukreis kennzeichnet eine Planung, die weit über ein oder zwei Haushaltsjahre hinausgeht. Außerdem arbeiten wir innerhalb der Verwaltung ständig daran, unsere Geschäftsprozesse zu optimieren, um alle Einspar- und Optimierungsmöglichkeiten konsequent auszuschöpfen. Das ermöglicht uns, mit einer unter dem Landesdurchschnitt liegenden Quote an Personal- und Sachkosten dennoch unsere vielfältigen Dienstleistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht so zu erbringen, dass wir ein Motor für den Standort bleiben und nicht zur Bremse werden.
Der Rems-Murr-Kreis bekennt sich ausdrücklich zu einer Krankenhausversorgung in kommunaler Hand, hat erst jüngst eine eigene neue Klinik gebaut. Welche Infrastruktur muss ein Kreis Ihres Erachtens nach selbst anbieten, wovon sollte er sich aus Kostengründen lieber trennen?
Die Kosten dürfen nicht das alleinentscheidende Kriterium sein. Vielmehr ist zu fragen, welche Infrastrukturen erforderlich sind und welche davon besser durch die öffentliche Hand angeboten werden können. Was unsere Krankenhäuser angeht, steht für mich die öffentliche Trägerschaft außer Frage – unsere Rendite soll auch in Zukunft in zufriedenen Patienten und motivierten Beschäftigten bestehen. Um aber auch in den kommenden Jahren eine flächendeckende Patientenversorgung auf qualitativ hohem Niveau anbieten zu können, dürfen sinnvolle und vertretbare Strukturveränderungen auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden. Deshalb entwickelt der Kreistag aktuell eine Strategie zur künftigen Struktur und Entwicklung des Klinikverbundes bis Ende der 20er-Jahre. Als Landkreis sehe ich uns unter anderem auch für ein leistungsfähiges Verkehrs- und Radwegenetz sowie ein attraktives Angebot der Beruflichen Schulen verantwortlich. Und auch Medieninfrastrukturen sind heute ein entscheidender Standortfaktor, wo die Landkreise in der Pflicht sind. Denn für unsere Unternehmen und Kommunen ist ein Breitbandanschluss längst genauso wichtig wie eine angemessene Verkehrsanbindung. Mein Ziel ist deshalb, dass der Kreis im nächsten Jahr mit dem Bau des Glasfaser-Backbones beginnt und es im Jahr 2020 fertiggestellt ist. Daran werden die verfügbaren Ortsnetze angeschlossen. Ich weiß, dieser Zeitplan ist ehrgeizig – aber wir müssen bei diesem Thema ehrgeizig sein.